Edition #235 | 27.06.2025
Meistgehandelt | Märkte und Makro | Christian W. Röhl | Podcast | Autovermietung | ETFs im Fokus
Von wegen TACO („Trump Always Chickens Out“): Der US-Präsident inszeniert nicht nur im Nahen Osten Führungsstärke, sondern setzt sich auch auf dem NATO-Gipfel in Den Haag durch. Die Weltbörsen atmen zunächst auf, nur der Dollar bleibt weiterhin schwach – worunter US-Aktien im Euro-Depot leiden. Warum das Währungsrisiko aber ganzheitlich betrachtet werden muss, zeigt unser Chief Economist Christian W. Röhl. Dazu blicken wir auf die zweite Reihe der Börse, wo Small Caps wie der Autovermieter Sixt mit günstigen Bewertungen locken, von denen man auch mit ETFs profitieren kann. Außerdem zeigen wir, wie das Weltportfolio ins Gleichgewicht kommt und wie L’Oréal das Geschäft mit der Schönheit perfektioniert hat.
Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf das Verhältnis von Käufen und Verkäufen der 100 meistgehandelten Aktien im Scalable Broker zwischen dem 20.06.2025 und 26.06.2025.
Zuletzt hatte Rio Tinto vor allem mit Investitionen in Kupfer- und Lithium-Projekte von sich reden gemacht – darunter 2024 die 6,7 Mrd. $ teure Übernahme von Arcadium Lithium, mit der man sich u. a. BMW und Tesla als potentielle Kunden sichern konnte.
Nun legt der nach BHP zweitgrößte Bergbau-Konzern der Welt im Stammgeschäft mit Eisenerz nach, das derzeit knapp 60 % der Erlöse repräsentiert: In einem 50/50 Joint-Venture mit dem langjährigen australischen Kooperationspartner Hancock Prospecting sollen für insgesamt 1,6 Mrd. $ zwei neue Minen erschlossen werden. Die schwache Stahl-Nachfrage aus China führte unter anderem dazu, dass der Preis für Eisenerz derzeit ein Drittel niedriger ist als Anfang 2024.
Das Projekt „Hope Down 2“ sieht zwei Gruben in Pilbara im Westen Australiens vor. Die Region ist einer der weltweit größten Abbau-Standorte für Eisenerz. Ab 2027 sollen dort jährlich 31 Mio. Tonnen Eisenerz gefördert werden. Insgesamt will Rio Tinto bis 2027 mehr als 13 Mrd. $ in die Erschließung neuer Vorkommen stecken – eine starke Wette auf eine bessere Zukunft.
Die maue Konjunktur lastet auch auf der Aktie von Rio Tinto, die auf Euro-Basis seit fünf Jahren seitwärts pendelt und nun bei Kursen von knapp unter 60 € das untere Ende dieses Korridors erreicht hat. Gänzlich leer ausgegangen sind Aktionärinnen und Aktionäre dennoch nicht: Rio Tinto schüttet traditionell etwa die Hälfte des Gewinns als Dividende aus – in den vergangenen zwölf Monaten umgerechnet 3,68 € je Aktie, also über 6 % des aktuellen Kurswerts. Wegen der starken zyklischen Schwankungen der Rohstoff-Märkte sollte man diese Dividendenrendite aber nicht als Erwartung in die Zukunft projizieren.
Wir haben die Grundlagen für eine stärkere und tödlichere NATO gelegt.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte übernimmt auf dem Gipfel in Den Haag die Sprache der US-Regierung.
„Trump always chickens out“ hatte es an den Finanzmärkten zuletzt geheißen, nachdem der US-Präsident nicht nur in der Zollpolitik polternde Drohungen und vollmundige Ankündigungen vom Stapel gelassen hatte, doch dann aber alsbald zurückgerudert war. Zumindest außenpolitisch ist der „TACO-Trade“ nun jedoch Geschichte. Am Wochenende ging der Mann im Weißen Haus „all in“, befahl einen US-Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen – und als alle Welt eine militärische Eskalation im Nahen Osten fürchtete, vermittelten seine Leute plötzlich eine Waffenruhe zwischen dem Mullah-Regime und Israel.
Ob die Einigung Bestand hat und wie weit die nuklearen Ambitionen Teherans wirklich zurückgeworfen wurden, muss die Zeit zeigen. Für den Moment atmen nicht nur die Börsen auf: Das Szenario einer Blockade der für den globalen Energiehandel essentiellen Straße von Hormus ist erst einmal vom Tisch. Der Ölpreis notiert daher wieder auf demselben Niveau wie vor dem „Zwölf-Tage-Krieg“, während der Nasdaq 100 Index sogar ein neues Allzeithoch erklommen hat. Doch schon in weniger als zwei Wochen steht die nächste Bewährungsprobe an: Nur noch bis zum 9. Juli läuft die Frist für einen Handels-Deal zwischen den USA und der EU. Wenn Trump hier nun dieselbe Entschlossenheit an den Tag legen sollte, könnte es ungemütlich werden – ganz abgesehen davon, dass das Zoll-Chaos schon jetzt Spuren in den globalen Lieferströmen hinterlässt, die sich in den nächsten Monaten auch in den volkswirtschaftlichen Indikatoren und den Bilanzen der Unternehmen widerspiegeln sollten.
Die NATO hat sich derweil auf einen Deal ganz nach dem Geschmack des US-Präsidenten verständigt. Bis 2035 wollen die Bündnispartner ihre Verteidigungsausgaben auf 3,5 % der Wirtschaftsleistung anheben; weitere 1,5 % sollen in militärisch relevante Infrastruktur wie Brücken, Straßen und Kommunikationsnetze fließen. Möglich ist das nur mit neuen Schulden. Nicht von ungefähr kalkuliert Bundesfinanzminister Lars Klingbeil für die laufende Legislaturperiode allein im regulären Haushalt mit einer Nettokreditaufnahme von 500 Mrd. € – zuzüglich weiterer 347 Mrd. € aus den „Sondervermögen“ getauften Kredit-Töpfen für Bundeswehr, Infrastruktur und Klimaschutz. Am Rentenmarkt wurde der erste Etat-Entwurf der schwarz-roten Koalition indes relativ gelassen aufgenommen: Mit 2,55 % liegt die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen nach wie vor deutlich unter den im Frühjahr bei 2,9 % erreichten Spitzen.
Während die Aktienmärkte den Zoll-Schock vom April fürs Erste weitgehend verdaut und vielfach sogar neue Rekordstände erreicht haben, hält die Talfahrt des Dollar unvermindert an. Seit Jahresanfang hat die US-Währung gegenüber dem Euro mehr als 11 % verloren – ein klares Misstrauensvotum gegenüber der Fiskal- und Handelspolitik der Trump-Administration. Das strahlt auch auf die gängigen Weltportfolio-ETFs aus, schließlich enthält etwa der MSCI AC World rund zwei Drittel US-Aktien, die mit ihrem in Euro umgerechneten Kurs in den ETF-Preis eingehen.
Dazu nagt der schwache Dollar auch an den Dividendengutschriften aus den USA. Wer die Ausschüttungen indes gleich wieder in Dollar-Aktien reinvestiert (was bei thesaurierenden ETFs automatisch geschieht), profitiert im Umkehrschluss von den auf Euro-Basis ermäßigten Aktienkursen. Dasselbe gilt für Sparpläne auf ETFs mit hohem US-Anteil: Durch den Wechselkurseffekt kann man nun mit etwas Rabatt einsammeln.
Überdies verdient der Währungseinfluss eine ganzheitliche Betrachtung. Denn für US-Unternehmen mit starkem Auslandsgeschäft ist der schwache Dollar sogar positiv: Zum Jahresanfang, als die EUR/USD-Relation mit 1,03 nur knapp oberhalb der Parität notierte, waren zum Beispiel 100 Mio. € Umsatz nur 103 Mio. $ wert. Auf dem aktuellen Wechselkurs-Niveau von 1,16 werden dieselben Erlöse dagegen mit 116 Mio. $ bilanziert – was gerade bei Tech-Titanen wie Microsoft oder Meta direkt auf den ausgewiesenen Gewinn durchschlägt. Dazu werden in den USA gefertigte Produkte auf dem Weltmarkt günstiger, was die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie stärkt.
Kritisch ist der Dollar-Rutsch deshalb vor allem für Anleihen-Engagements, bei denen es eben nur fixe Zinsen, aber keine unternehmerische „Upside“ gibt. Hier können währungsgesicherte ETFs sinnvoll sein, wobei eine solche Versicherung nicht nur Geld kostet, sondern mit den Währungsrisiken gleichzeitig auch alle Währungschancen eliminiert. Bei Aktien-Investments hingegen sind die Wechselkursschwankungen langfristig nur Begleitmusik bzw. ein zusätzlicher Faktor für Diversifikation: Im MSCI AC World stecken neben Dollar und Euro auch noch 29 weitere Währungen mit einem Anteil von knapp 25 % – angeführt vom Japanischen Yen, dem Schweizer Franken und dem Britischen Pfund.
„Weil ich es mir wert bin“ – alle kennen diesen bekannten Werbespruch. Doch was verbirgt sich hinter dem Versprechen von Schönheit und Luxus?
L’Oréal verkörpert wie kein anderes Unternehmen das Geschäft mit der Schönheit und ist dabei eine Akquisitions-Maschinerie: Maybelline, Garnier, Lancôme und CeraVe sind nur einige der Marken, die zur L’Oréal-Gruppe gehören, eine echte Akquisitions-Maschinerie.
Um hinter die Fassade zu blicken, tauchen Christian W. Röhl und Katharina Brunsendorf in die Geschichte von L’Oréal ein und nehmen die Entwicklung, Aktien-Kennzahlen und Skandale eines nicht so makellosen Konzerns unter die Lupe.
Hier geht es zum Video auf YouTube – außerdem ist die Episode natürlich überall zu hören, wo es Podcasts gibt.
An Flughäfen und in den sozialen Medien fällt Sixt immer wieder mit pointierten Werbesprüchen ins Auge. Auf dem Börsenparkett dagegen fährt der Autovermieter seit geraumer Zeit unter dem Radar: In den vergangenen drei Jahren hat die Stammaktie rund ein Viertel ihres Wertes verloren, 2025 stagniert der Kurs bislang – während der SDAX mehr als 20 % zulegen konnte.
Ein Grund für die kritische Distanz der Investorinnen und Investoren könnte aktuell ausgerechnet die in den letzten Jahren sehr erfolgreich ausgebaute Präsenz in den USA sein. Inzwischen erwirtschaftet Sixt dort rund ein Drittel des Umsatzes – nicht zuletzt mit Urlaubs-Anmietungen. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump ist der USA-Tourismus allerdings spürbar zurückgegangen. Und wenn dieser Trend sich fortsetzt, dürften etwa am Flughafen Miami, wo Sixt bereits auf einen zweistelligen Marktanteil kommt, nachhaltig weniger Autoschlüssel über den orange-schwarzen Tresen gehen.
Mit ihrer breiten Palette sollten die Münchener allerdings in der Lage sein, Einbußen bei den „Holiday Cars“ durch Zuwächse bei Geschäftsreisenden und Nutzfahrzeugen zu kompensieren – so dass der über 70 Mrd. $ schwere Vermietungsmarkt jenseits des Atlantiks ein Wachstumstreiber bleiben dürfte. Aber auch in Deutschland, wo Sixt sich längst als integrierter Mobilitätsdienstleister etabliert hat und neben der klassischen Miete auch Carsharing, Fahrdienste und Auto-Abos anbietet, kann eine leichte Konjunkturbelebung einen kräftigen Schub bringen.
Nachdem die Sonderabschreibungen auf Elektrofahrzeuge weitgehend abgehakt sein dürften, sollte dazu auch eine Trendwende beim Gewinn bevorstehen. Für 2025 erwarten Analystinnen und Analysten im Mittel ein Ergebnis von 7 € je Aktie. Bei Kursen von 77 € für die Stammaktie errechnet sich daraus ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11. Die ebenfalls börsennotierte stimmrechtslose Vorzugsaktie kostet derweil nur 57 € und bietet damit eine noch höhere Prämie auf die zyklischen Risiken des Geschäfts. Mit einer Eigenkapitalquote von 32 % ist das familiengeführte Unternehmen obendrein gerade im Vergleich zu Konkurrenten wie Avis Budget oder Hertz bilanziell sehr solide aufgestellt.
Oft genug wird zurecht beklagt, dass Europa keine Plattform-Giganten wie Google oder Amazon hervorgebracht hat und auch bei Künstlicher Intelligenz global wieder nur die dritte Geige hinter den USA und China spielt – nicht zuletzt wegen der Überregulierung und der unterentwickelten Kapitalmärkte. Dabei fehlt es beileibe nicht an Knowhow und Innovation. Im Gegenteil: Gerade bei Zukunftsthemen wie Energie-Infrastruktur, Hightech-Anlagenbau oder Medizintechnik verfügt die „alte Welt“ über eine starke industrielle Basis.
Nexans aus Frankreich etwa profitiert als einer der führenden Hersteller von Kabelsystemen vom Ausbau der Strom- und Übertragungsnetze. Die Schweizer Comet Holding entwickelt Hochfrequenz- und Röntgentechnologien, die u. a. in der Halbleiterindustrie zum Einsatz kommen. Advanced Medical Solutions aus Großbritannien wiederum ist spezialisiert auf chirurgische Versiegelungen für minimalinvasive Operationen. Was alle drei Unternehmen gemeinsam haben: Trotz ihres internationalen Geschäfts zählen sie an der Börse zu den „Small Caps“ – den geringer kapitalisierten Firmen, die nicht in den zumeist auf große und mittelgroße Titel (Large & Mid Caps) fokussierten Weltportfolio-Indizes enthalten sind.
Das macht ETFs auf europäische Small Cap-Barometer strukturell zu einer smarten Beimischung. Aussichtsreich ist auch die Bewertung. Denn nachdem die Nebenwerte in den vergangenen drei Jahren etwas hinter dem breiten Markt zurückgeblieben sind, wird etwa der über 800 Unternehmen umfassende MSCI Europe Small Cap Index derzeit nicht einmal mit dem 14-fachen der für die nächsten zwölf Monate erwarteten Gewinne bezahlt. Die „zweite Reihe“ hat also durchaus Potential – gerade nachdem Europa in den letzten Monaten wieder stärker in das Sichtfeld US-amerikanischer Investorinnen und Investoren gerückt ist, die ihren traditionellen „Home Bias“ verringern wollen.
Börsennotierte und private EU-Unternehmen im relativen Vergleich
Quelle: Weltbank, Eurostat; Stand: 2023
2024 war ein schlechtes Jahr für Börsengänge: In Frankfurt am Main feierten lediglich sechs Unternehmen ihr Debüt auf dem Parkett. Weltweit gab es mit 1.215 Börsengängen rund 10 % weniger als im Vorjahr 2023. Dieser Abwärtstrend hält schon länger an: Zwischen 2009 und 2020 sank die Zahl der börsennotierten inländischen Unternehmen in der EU sogar um 23 %.
Viele junge Firmen entscheiden sich bewusst gegen ein Initial Public Offering (IPO) – zum Beispiel, um den aufwändigen Berichtspflichten aus dem Weg zu gehen, die ein Börsengang mit sich bringt. Das nötige Kapital können aussichtsreiche Start-ups häufig auch abseits der Börse auftreiben, beispielsweise mithilfe von Private-Equity-Fonds. Hin und wieder kaufen solche Fonds auch börsennotierte Unternehmen auf, nehmen sie von der Börse und entwickeln sie privat weiter. Damit trugen sie zwischen 2009 und 2020 dazu bei, dass die Gesamtzahl von Privatunternehmen in der EU um 17 % stieg.
Das bedeutet: Fernab der Börse entstehen immer mehr Investmentchancen und im Scalable Broker können Sie dabei sein. Der neue ELTIF von BlackRock bringt Private Equity direkt auf unsere Plattform und eröffnet Ihnen den Zugang zu Märkten, die bisher fast ausschließlich institutionellen Anlegern und sehr vermögenden Privatpersonen vorbehalten waren. So investieren Sie künftig Seite an Seite mit den ganz Großen. Mehr dazu auf unserer Website.
Es bestehen Liquiditätsbeschränkungen. Beachten Sie die spezifischen Produktinformationen.
Produkt-Highlight
Wer Diversifikation sucht, kann sie beim Invesco MSCI World Equal Weight UCITS ETF finden. Hier ist der Name Programm. Der ETF investiert in Unternehmen aus Industrieländern weltweit und setzt dabei auf eine gleichmäßige Gewichtung aller enthaltenen Wertpapiere.
Obwohl die USA mit rund 40 % weiterhin den größten Anteil stellen, ist ihr Einfluss deutlich geringer als im klassischen MSCI World, wo sie mit mehr als 70 % zu Buche schlagen. Neben den Vereinigten Staaten sind 22 weitere Industrieländer vertreten, darunter Japan mit knapp 14 %, Kanada mit 6 % sowie Deutschland mit 3,6 %.
Gerade mit Blick auf die Branchenstruktur zeigt sich die Diversifikation. Der ETF ist nicht auf den Tech-Sektor fokussiert, sondern verteilt das Kapital gleichmäßiger auf verschiedene Wirtschaftsbereiche. So machen derzeit Industrieunternehmen etwa 18 %, Finanzwerte 17 % und Technologietitel lediglich 11 % des Gesamtportfolios aus.
Auch die US-amerikanischen Tech-Giganten wie Apple, Microsoft, Amazon, NVIDIA oder Alphabet spielen hier eine deutlich kleinere Rolle: Durch die Gleichgewichtung liegt ihr Anteil ebenfalls bei jeweils nur etwa 0,1 % am Gesamtportfolio. Manche Titel entwickeln sich im Verlauf der Zeit zwar stärker als andere, durch regelmäßiges Rebalancing wird die Gleichgewichtung im Index jedoch wiederhergestellt.
Quellen: Scalable and dpa-AFX