Edition #199 | KW 42
British American Tobacco | Märkte und Makro | Christian W. Röhl | LVMH | Chart der Woche | ETFs im Fokus
Die Aktienkurse klettern und die Europäische Zentralbank schürt das Kursfeuerwerk in Europa mit einer weiteren Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Noch besser läuft es an den US-Börsen. Auf beiden Seiten des Atlantiks nimmt die Zahl der börsennotierten Unternehmen aber immer weiter ab. Wie du trotzdem in möglichst große Teile der Weltwirtschaft investierst und der Börsenflucht ein Schnippchen schlägst, erfährst du in der Kolumne des Kapitalmarktexperten Christian W. Röhl, der Scalable Capital seit Anfang Oktober als Chief Economist verstärkt. Außerdem: Welche Unternehmen stark auf Augmented Reality setzen. Und weshalb die Stimmung beim französischen Luxusriesen LVMH nüchterner wird.
„Wir setzen uns dafür ein, eine rauchfreie Welt aufzubauen und bis 2035 ein überwiegend rauchfreies Unternehmen zu werden“, sagte ausgerechnet Tadeu Marroco, der Vorstandsvorsitzende des Tabakproduzenten British American Tobacco (BAT), auf dem Kapitalmarkttag des Unternehmens am Mittwoch. Was hat BAT vor?
Um genau das herauszufinden, wurde Anfang des Jahres in Southampton ein Innovationszentrum eröffnet. Insgesamt 1.750 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen bei BAT für eine Zukunft des Unternehmens ohne Rauchen.
Schon im Jetzt reagiert BAT auf ein weltweit verändertes Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten und diversifiziert sein Produktportfolio. In den USA plant BAT in Kürze die Einführung einer neuen Version seiner Velo-Nikotin-Beutel mit synthetischem Nikotin. Im Gegensatz zu den traditionellen Tabakprodukten, die natürliches Nikotin aus der Tabakpflanze enthalten, wird synthetisches Nikotin im Labor gewonnen.
Das aktuelle Geschäft bleibt indes auf Wachstumskurs. BAT erwartet für das Geschäftsjahr 2024 ein organisches Umsatzwachstum im niedrigen einstelligen Bereich. Bis 2026 möchte BAT schrittweise ein organisches Umsatzwachstum von 3 bis 5 % erreichen. Der Bruttogewinn soll sich in den mittleren einstelligen Bereich bewegen. Der Tabakkonzern legt seine Jahreszahlen am 6. Februar vor.
Was ich in Amerika gelernt habe: Man darf nicht auf die Typen in Anzügen reinfallen. Dort sehen einige aus wie der Präsident, verstehen aber nichts vom Produkt.
Hasso Plattner, Mitgründer von SAP, im Interview mit „Handelsblatt“ am 10.10.2024
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen wie erwartet um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der für die Höhe der Zinsen auf dem Tagesgeldkonto entscheidende Einlagenzins liegt nun bei 3,25 %. Bis Juni dieses Jahres hatte er noch 4 % betragen. Die EZB versucht mit ihrer Geldpolitik die Inflationsrate im gesamten Euroraum unter Kontrolle zu bekommen. Derzeit scheint ihr das zu glücken: Im September sank die Teuerungsrate im Euroraum auf 1,8 % im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit sogar unter den Zielwert von 2 %.
Für die Aktienmärkte sind niedrigere Zinsen Rückenwind. Unternehmen können sich leichter finanzieren. Die Anleihenrenditen fallen, weshalb Aktien im Vergleich zu Anleihen teils attraktiver werden. Sowohl der deutsche Leitindex DAX als auch der Europa-Index Euro Stoxx 50 notieren derzeit nahe ihrem Allzeithoch. Der US-Leitindex S&P 500 hat im Wochenverlauf mit 5.878 Punkten sogar ein Rekordhoch markiert.
Ist die Angst vor Rezession und Krisen also vollends von den Märkten verschwunden? Dagegen spricht, dass die Krisenwährung Gold dieses Jahr nahezu alles outperformte. Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis um rund 32 % auf derzeit 2.500 € je Feinunze gestiegen. Mit dieser Rendite schlägt Gold sogar den US-Technologieindex Nasdaq-100, der seit Jahresbeginn um 22 % kletterte. Über längere Zeiträume performt der breite Aktienmarkt in der Regel jedoch besser als Gold. Eine Goldbeimischung kann das eigene Portfolio gerade in Krisenzeiten aber stabilisieren.
Noch stärker zulegen konnte der Bitcoin. Der Kurs der bedeutendsten Kryptowährung ist seit Jahresbeginn um mehr als die Hälfte gestiegen. Im Wochenverlauf übersprang der Bitcoin wieder die Marke von 62.000 €. Von seinem Allzeithoch bei 67.945 €, das er Mitte März dieses Jahres markierte, ist er aber noch etwas entfernt.
Die großen Aktienindizes auf beiden Seiten des Atlantiks eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Dennoch ist die Zahl der an der Börse notierten Unternehmen in den letzten Jahren sukzessive gesunken: In Deutschland von über 750 Ende 2007 auf aktuell nur noch knapp 400; in den USA von über 8.000 Mitte der 1990er Jahre auf gut die Hälfte.
Dass weniger Unternehmen notiert sind, liegt nicht zuletzt an Fusionen und Übernahmen. Firmen schließen sich zusammen, schlucken kleinere Wettbewerber oder werden von Finanzinvestoren aufgekauft. Die von Pensionsfonds, Versicherern und hochvermögenden Familien jährlich mit frischen Mitteln in dreistelliger Milliardenhöhe versorgten Private Equity-Fonds sind gleichsam der Grund, warum es nur noch wenig Börsengänge gibt: Unternehmen können sich das Geld für ihre Expansion oder Nachfolgeregelung auch abseits der Börsen beschaffen – ohne komplexe Finanzmarkt-Regulierung und öffentlich diskutierte Quartalszahlen.
Sogar die Tech-Titanen der nächsten Generation kommen ohne Börse aus. Siehe OpenAI, einer der Pioniere bei künstlicher Intelligenz (KI): In der jüngsten Finanzierungsrunde hat das Unternehmen hinter dem KI-Chatbot ChatGPT von institutionellen und strategischen Investoren 6,6 Mrd. $ eingesammelt, rund die Hälfte mehr als der bislang größte Börsenneuling des Jahres an der Wall Street – der US-amerikanische Kühlhausbetreiber Lineage. In den vergangenen Jahren bereits hat der US-amerikanische Hard- und Softwareentwickler Microsoft insgesamt einen zweistelligen Milliardenbetrag in OpenAI investiert. Im Zuge der jüngsten Transaktion wurde OpenAI mit 157 Mrd. $ bewertet – nur gut 80 Aktiengesellschaften kommen an der Börse aktuell auf eine höhere Marktkapitalisierung.
Keine Frage, es gibt nach wie vor viele großartige Unternehmen an der Börse. Gleichzeitig bildet das Parkett einen immer kleineren Ausschnitt der Wirtschaft ab, weshalb auch Privatanlegende zunehmend über Private Equity nachdenken sollten. Eine Möglichkeit, sich hier zu engagieren, bietet ausgerechnet der Aktienmarkt: Globale Finanzinvestoren wie KKR, Blackstone, Apollo Global Management, CVC oder EQT sind selbst börsennotiert – und ETFs wie der iShares Listed Private Equity oder der Xtrackers LPX Private Equity Swap bieten einen breit gestreuten Zugang.
Dom Pérignon ist eine der edelsten Champagner-Marken der Welt. Bei manchen Flaschen und Jahrgängen handelt es sich sogar um teure Sammlerstücke. Ob das eines Tages auch für die limitierte Lady-Gaga-Edition aus dem Jahr 2008 mit lila Etikett und Geschenkbox gilt, wird die Zeit zeigen. Dem französischen Luxusriesen LVMH bereitet seine Spirituosensparte, zu der neben Dom Pérignon auch die Champagner-Marke Moët & Chandon und der Cognac-Hersteller Hennessy gehören, derzeit jedenfalls Kopfzerbrechen.
In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres hat LVMH 4,2 Mrd. € mit Wein, Cognac und Co. umgesetzt. Das waren 11 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Die gute Nachricht: Im dritten Quartal konnte der Umsatzrückgang im Vergleich zum ersten Halbjahr etwas gebremst werden. Die schlechte Nachricht: Im dritten Quartal drehte erstmals in diesem Jahr auch die Kernsparte Fashion ins Minus, die für rund die Hälfte des LVMH-Umsatzes von 20 Mrd. € steht. Die Umsätze auf Gesamtkonzernebene sanken um 3 % im Vergleich zum Vorjahresquartal – die Märkte hatten mit einem leichten Wachstum von 0,9 % gerechnet.
Vor allem auf dem chinesischen Markt läuft es für LVMH nicht rund. Neben der schwächelnden Nachfrage hat das Unternehmen dort auch mit neuen Zollschranken zu kämpfen. Seit vergangener Woche gelten Strafzölle von bis zu 39 % auf EU-Weinbrand-Importe. Sie dürften eine Antwort auf die EU-Importzölle auf in China gefertigte Elektroautos darstellen. 2023 kamen Weinbrandexporte im Wert von 1,5 Mrd. € nach China – 99 % davon aus Frankreich.
Wer glaubt, dass LVMH seine China-Probleme löst, könnte nach dem Kurssturz vom Dienstagabend womöglich einen attraktiven Einstiegszeitpunkt wittern. Wer hingegen davon ausgeht, dass für den französischen Luxuskonzern schwere Börsenzeiten bevorstehen, kann mithilfe von Derivaten im Scalable Broker auch auf fallende Kurse bei der LVMH-Aktie setzen. Derivate bergen hohe Risiken.
Video
Was steckt hinter künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data? Das und welche Möglichkeiten du hast, um in KI zu investieren, erfährst du in diesem kurzen Video.
Quelle: Bitkom-Studie „Die Zukunft der Consumer Technology 2024“
AR im Alltag
Die Studie „Die Zukunft der Consumer Technology“ der Bitkom untersucht die Bereitschaft der Deutschen, Augmented Reality (AR) im Alltag zu nutzen. Befragt wurden Menschen ab 16 Jahren. Im Chart erkennt man in allen fünf Szenarien eine interessante Kluft: Die Bereitschaft, einen AR-Service zu nutzen, ist jeweils höher als die bereits damit gemachten Erfahrungen – durchaus deutlich. Die Studie kommt zu dem Schluss: „Die künftige Nutzungsbereitschaft bei AR ist sehr hoch.“
Unter den Unternehmen, die in diesem Bereich vorneweg laufen, tummeln sich US-amerikanische Tech-Firmen. Etwa Meta, die mit der Meta Quest ein Produkt für den Endkundenmarkt bereitstellen. Oder auch Apple, die seit einiger Zeit die Vision Pro im Angebot haben. Alphabet hingegen setzt bislang auf Software: in Form der Google App, in der man ausgewählte Suchergebnisse in AR und 3D aufbereitet darstellt.
Doch finden sich auch durchaus nischigere Plays auf die Zukunftstechnologie AR: Die Innovationen des US-amerikanischen Unternehmens Immersion finden sich in den Produkten großer Tech-Anbieter. Weiterhin zu nennen sind hier das US-Software-Unternehmen PTC oder der US-Hersteller smarter Brillen Vuzix.
Es dürfte zukünftig noch viel Bewegung im Bereich AR geben. Laut der Bitkom-Studie ist fast die Hälfte der Befragten überzeugt, dass „AR in zehn Jahren nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken“ sei. Und fast ein Fünftel würde noch weiter gehen und sich einen smarten AR-Assistenten implantieren lassen.
Wer das eigene Geld beim Anlegen breit streut, der mindert für gewöhnlich sein Verlustrisiko. Die sogenannte Diversifikation kann durch ETFs, die in viele Aktien investieren, erreicht werden. Die Beimischung einer weiteren Assetklasse wie Anleihen trägt zur weiteren Streuung bei. Der ETF iShares Moderate Portfolio (Acc) basiert auf einem diversifizierten Multi-Asset-Portfolio, dessen Grundlage ebenfalls ETFs sind. So investiert dieser Dach-ETF in eine aktiv gesteuerte Auswahl von ETFs mit insgesamt tausenden Aktien und Anleihen. Mindestens 80 % der Einzeltitel müssen ESG-Kriterien erfüllen. Das Produkt eignet sich für Anlegende mit einem moderaten Risikoprofil. Die Gesamtkostenquote (TER) des iShares Moderate Portfolio (Acc) beträgt 0,25 % jährlich.
Spannende breit streuende Aktien-ETFs bieten Amundi und Xtrackers. Sie investieren weltweit in Aktien von Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern.
Quellen: Scalable and dpa-AFX