Bits & Pieces
Edition #242 | 15.08.2025
Meistgehandelt | Märkte und Makro | Podcast | Christian W. Röhl | Made in Germany | ETFs im Fokus | Chart der Woche
Major Tom und Skandal im Sperrbezirk: Anfang der 1980er eroberte deutschsprachige Musik die ganze Welt. Und ganz in dieser Manier lässt seit Jahresanfang der deutsche DAX andere Aktienindizes im Staub zurück. Das liegt unter anderem an Highflyern wie Lufthansa und der Münchner Weltspitze im Rückversicherungsbereich. Und vielleicht kriegt ja sogar Porsche noch die Kurve. Heben Sie mit uns ab!
Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf das Verhältnis von Käufen und Verkäufen der 100 meistgehandelten Aktien im Scalable Broker zwischen dem 08.08.2025 und 14.08.2025.
Wenn der Kranich wieder landet
Ist die Luft raus? Seit Anfang des Jahres hat der Aktienkurs der Lufthansa deutlich angezogen. Die Passagierzahlen haben sich erholt, sind jedoch noch nicht auf Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt. Dazu gesellen sich mittlerweile Stolpersteine wie die US-amerikanischen Zölle und immer höhere Steuern und Gebühren auf dem Heimatmarkt Deutschland. Allein in Sachen Dividenden gab es etwas zu holen – wenn auch nicht viel.
Ganze 30 Cent schüttete Lufthansa dieses Jahr pro Aktie aus. Und wer seit 30 Jahren eine Aktie des Unternehmens hält, darf sich sogar über insgesamt 8,15 € freuen. Ein nicht unerhebliches Detail dabei: In dem Zeitraum ist die Dividende acht mal ausgefallen. Erst seit vergangenem Jahr schüttet die Lufthansa wieder aus.
Wo kommt der Kursanstieg dann her? Die operativen Zahlen sehen gut aus: Ende Juli berichtete Lufthansa einen Betriebsgewinn von 871 Mio. €. Das waren 27 % mehr als im Vorjahresquartal und mehr als die 800 Mio. €, mit denen der Markt gerechnet hatte.
Was ging bei der Lufthansa sonst noch? Anfang des Jahres stieg die deutsche Fluggesellschaft mit 325 Mio. € bei der italienischen Flaggschiff-Airline ITA Airways (ehemals Alitalia) ein. Mittlerweile hält Lufthansa 41 % der italienischen Fluggesellschaft.
Wer zahlt Trumps Zölle?
Auf die US-amerikanischen Privathaushalte schlagen Donald Trumps Importzölle bisher kaum durch. Im Juli lag die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 2,7 % – unverändert zum Vormonat Juni. Die Märkte hatten einen leicht höheren Wert erwartet.Goldman Sachs rechnet jedoch damit, dass die gröbsten Preissteigerungen noch vor uns liegen: Im Herbst bereits dürften die US-Unternehmen ihre Einfuhrkosten zu zwei Dritteln an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben. Das würde insbesondere die Kerninflation treiben, die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert. Sie stieg im Juli bereits auf 3,1 %. Im Vormonat lag sie noch bei 2,9 %.
Die steigende Kernrate dürfte die erwartete Leitzinssenkung im September jedoch nicht mehr ins Wanken bringen. Die US-Notenbank (Fed) konzentriert sich derzeit stärker auf den schwächelnden US-Arbeitsmarkt. Einzelne Fed-Mitglieder haben bereits drei Zinssenkungen zu je 0,25 Prozentpunkten bis Jahresende in Aussicht gestellt. Auch ein Zinssschritt um 0,5 Prozentpunkte scheint nicht mehr ausgeschlossen.
Im Handelskrieg zwischen den USA und China sollen die Waffen nun sogar bis November schweigen, um genug Zeit für Verhandlungen zu bieten. Bisher kommt China mit US-Importzöllen von 30 % vergleichsweise glimpflich davon. Indien, Brasilien und sogar die Schweiz müssen mehr verdauen. Auch den Handel mit Mittelklasse-KI-Chips möchte Trump wieder ermöglichen. Für dieses Entgegenkommen sollen US-Chip-Designer wie NVIDIA und AMD jedoch 15 % ihrer China-Umsätze an die US-Regierung überweisen.
Ruhe an der Zollfront, keine Rezession, aber dafür weitere Zinssenkungen in Sicht: Diese Aussicht hat die US-Aktienindizes im Wochenverlauf auf neue Rekordhochs gehievt. Der S&P 500 notierte zur Wochenmitte kurzzeitig über 6.480 Punkten, der technologielastige Nasdaq-100 näherte sich zunächst der 24.000-Punkte-Marke, kühlte dann aber etwas ab Richtung 22.000 Punkte. Und auch der Bitcoin verzeichnete ein neues Allzeithoch bei mehr als 124.000 $ bzw. 106.000 €.
Was ist eigentlich in Deutschland los? In dieser Folge der Asset Class gehen Henriette Peuker, Vorständin beim Deutschen Aktieninstitut (DAI), und Christian W. Röhl unter anderem diesen drängenden Fragen nach:
- Warum haben wir in Deutschland so eine schwach ausgeprägte Aktienkultur?
- Weshalb scheuen Unternehmen den Gang an die Börse?
- Was können wir von Ländern wie Schweden lernen, die uns in Sachen Kapitalmarkt weit voraus sind?
Hier geht's zum Video auf YouTube. Asset Class finden Sie auch auf Spotify, Apple Podcasts und überall, wo es Podcasts gibt.
Rückversicherer: Rendite durch Risiko
Auto- und Chemie-Industrie darben, im Technologie-Sektor warten wir seit Jahrzehnten auf die nächste SAP und im Pharma-Business spielen deutsche Konzerne global auch nur in der zweiten Liga. Ausgerechnet im Geschäft mit dem Risiko ist Deutschland dagegen nach wie vor Weltspitze: Kein Rückversicherer vereinnahmt mehr Prämien als die Munich Re und mit Hannover Rück stammt auch die Nummer drei unter den „Versicherern der Versicherer“ aus heimischen Gefilden.
Die starke Marktposition des Duos zahlt sich auch für Aktionärinnen und Aktionäre aus. Während der DAX in den vergangenen drei Jahren 60 % zugelegt hat, kommt die Munich Re inklusive aufsummierter Dividenden auf 150 % Performance und auch die Hannover Rück ist mit einem Plus von 85 % besser gelaufen als der Index. Zuletzt ist die Rally allerdings ins Stocken geraten, nachdem beide Konzerne zum Halbjahr ein leicht rückläufiges Geschäftsvolumen gemeldet haben.
Dahinter steckt indes eher Augenmaß als Schwäche. Angesichts zunehmender Großschäden – zuletzt die Großbrände in Kalifornien – optimieren die Rückversicherer ihr Portfolio und verzichten lieber auf Geschäft als Risiken einzugehen, die sich nicht angemessen bepreisen lassen. Für Endkunden, etwa Hauseigentümer in Risikogebieten, dürfte das sukzessive kritisch werden: In letzter Konsequenz wird Versicherungsschutz unbezahlbar oder schlichtweg nicht mehr verfügbar sein.
Aktionärinnen und Aktionäre können hingegen entspannt bleiben. Risiken zu kalkulieren und mit einem Preisschild zu versehen, ist in einer immer komplexer werdenden Welt ein Geschäftsmodell mit Zukunft – nicht zuletzt, weil durch die Digitalisierung neue Risikoquellen wie Cyberattacken entstehen. Auch wenn die Aktienkurse der Rückversicherer nach der Neubewertung der letzten Jahre jetzt erstmal auf erhöhtem Niveau konsolidieren: Die Dividenden erscheinen komfortabel abgesichert und sollten über die Zeit weiter steigen.
Doomscrolling für den Cashflow
Monatlicher Umsatz pro aktivem User für die Region Nordamerika

Quelle: Sherwood, Stand: August 2025
26,73 $ – Soviel Umsatz macht Meta pro User in den USA und Kanada monatlich mit Werbung. Im Vergleich dazu: Snapchat (Snap Inc.), Reddit und Pinterest haben für Nordamerika lediglich eine ARPU (Average Revenue Per User) von 2-3 $ im Monat. Zuckerbergs Unternehmensimperium macht also mit Facebook und Instagram das 10-fache der Konkurrenz.
Das sogenannte Doomscrolling ist für diese Unternehmen nicht nur sinnloser Zeitvertreib, sondern eine echte Umsatzmaschine: Jede gesehene und geklickte Ad im endlosen Feed bringt Geld in die Kasse. Meta macht mit diesem Geschäftsmodell mehr Umsatz pro User als Netflix mit ihrer teuersten Abo-Option von 24,99 $. Wie heißt es doch so schön: Wenn es umsonst ist, ist man selbst das Produkt.
PS: Meta veröffentlicht seine Nutzerzahlen nicht mehr nach Region. Beim Ads-Umsatz für Nordamerika wurde deswegen mit Schätzungen gearbeitet.
Kommt Porsche wieder ins Rollen?
Der Porsche 911 – Kult „made in Germany“. Lange Zeit galten die mittlerweile im DAX notierten Stuttgarter als führender Hersteller von Luxusautos. Mehr noch galt Porsche als die Renditemaschine des Volkswagen-Konzerns, in den es 2012 endgültig eingegliedert wurde. Porsches operative Marge war in den vergangenen Jahren mit durchschnittlich 16 % die zweithöchste der gesamten Autobranche – Ferrari thront auf dem ersten Platz.
Dann wurde die Ära der Elektromobilität eingeläutet und Porsche flog aus der Kurve. Der Kurs rutschte von 82,50 € beim Börsengang auf heute 46 € ab. Könnte das ein Dip sein, den man kaufen sollte? Nicht vergessen, Porsche ist noch immer mit Herausforderungen konfrontiert.
Die großen Investitionen in E-Autos lassen das margenstarke Verbrennergeschäft zunehmend in den Hintergrund treten. Auf dem Schlüsselmarkt China entwickelt sich die Nachfrage nach elektrisch betriebenen Porsche-Modellen schleppend – immer häufiger sieht man seine chinesischen Wettbewerber nur von hinten. Und für große Teile der restlichen Welt war die Elektromobilität schlichtweg noch kein Thema.
Hinzu kommen die frisch erhobenen US-Einfuhrzölle, die das Geschäftsergebnis von Porsche merklich dämpfen. Satte 67 % seines operativen Gewinns büßte der Autobauer im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr ein. Porsche kündigte Sparmaßnahmen an:
- 3.900 Stellenstreichungen bis 2029,
- Erweiterung des Produktportfolios um hochmargige Modelle mit Verbrennungsmotoren und Hybrid-Antrieben,
- Stopp der eigenständigen Produktion von Hochleistungsbatterien und strategische Neuausrichtung des Segments sowie
- Preiserhöhungen.
Mit ein wenig Fantasie gibt es also Grund zur Hoffnung: laut Volkswagen- und Porsche-CEO Oliver Blume werde man 2026 ein „positives wirtschaftliches Momentum“ erleben.
Fest steht, dass Porsche den Aktionärinnen und Aktionären gegenüber transparent bleiben muss: Die Prognosen für das zweite Halbjahr wurden aufgrund der Zollbelastungen und der anfallenden Kosten für die Umstrukturierung gesenkt. Anlegerinnen und Anleger werden für ihre Geduld mit einer Dividendenrendite von aktuell rund 5 % und dem Versprechen belohnt, dass man auch in den kommenden Jahren mindestens die Hälfte des Konzerngewinns nach Steuern ausschütten werde.
Neue deutsche Welle
S&P 500 und Nasdaq-100 können einpacken: Seit Jahresanfang hält keiner der großen US-amerikanischen Aktienindizes mit dem deutschen Leitindex mit. Der DAX bildet die 40 nach Marktkapitalisierung größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands ab – ein Gradmesser für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik ist er aber nicht. Die global ausgerichteten deutschen Top-Konzerne machen auf ihrem Heimatmarkt weniger als 20 % ihrer Umsätze. Wichtiger ist für sie, dass die Weltwirtschaft läuft. Und insbesondere die starke Exportwirtschaft hierzulande konnte im ersten Halbjahr davon profitieren, dass aus Angst vor Donald Trumps Zöllen viel Handel vorgezogen wurde.
Eine große Stärke des DAX: In ihm finden sich viele solide Dividendenzahler. Wer es in erster Linie auf sie abgesehen hat, kann auch direkt zu einem ETF greifen, der den sogenannten DivDAX abbildet. In diesem Index sind 15 dividendenstarke Werte aus dem DAX wie die Versicherungskonzerne Allianz und Munich Re oder der Chemiekonzern BASF gebündelt.
Etwa genauso gut hat die zweite deutsche Börsenliga performt. Der MDAX ist zwar stärker von der Binnenkonjunktur Deutschlands abhängig, aber auch hier haben sich die Aussichten seit Jahresbeginn aufgehellt. Immerhin kündigte die neue Bundesregierung aus Union und SPD an, mehr Geld als je zuvor für Infrastruktur und Verteidigung locker zu machen. Das dürfte in den kommenden Jahren auch beim starken deutschen Mittelstand für steigende Umsätze sorgen.
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Quellen: Scalable and dpa-AFX