Edition #224 | 11.04.2025
Meistgehandelt | Märkte und Makro | Christian W. Röhl | Apple | ETFs im Fokus | Chart der Woche | Podcast
Ostern ist erst nächste Woche. Die Wiederauferstehung der Börsen haben wir jedoch schon hinter uns. Nachdem Donald Trump der Weltwirtschaft ein rotes Zollei nach dem anderen ins Depot gelegt hat, kam am Mittwochabend die Entwarnung: 10 % auf alles außer China. Was das bedeutet und weshalb Apple trotz der Erholungsrally weiter zittern muss, erfahren Sie in diesem Newsletter. Außerdem möchte unser Chief Economist Christian W. Röhl Ihnen etwas Gelassenheit spenden, damit Sie auch in Krisenzeiten nicht den Glauben an Ihr Basisinvestment verlieren – auf lange Sicht hat sich das stets ausgezahlt. Manchmal muss man aber auch aktiv werden, doch selbst dafür gibt es mittlerweile ETFs.
Verkauft
Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf das Verhältnis von Käufen und Verkäufen der 100 meistgehandelten Aktien im Scalable Broker zwischen dem 04.04.2025 und 10.04.2025.
Hin und Her macht Taschen leer: Das gilt derzeit nicht nur fürs Investieren, sondern auch beim Warenhandel. Unternehmen, deren Lieferketten immer wieder Ländergrenzen überschreiten, haben im womöglich angebrochenen Zeitalter der Zölle einen schweren Stand. Dazu zählt auch der weltgrößte Sportartikelhersteller Nike, der einen Teil seiner Produktion zwar zumindest von China nach Vietnam verlagert hat, kurzfristig aber nicht auf die Fertigungsstandorte in der Volksrepublik verzichten kann. Ähnlich sieht es beim ebenfalls US-amerikanischen Sportbekleidungsunternehmen Under Armour aus. Wer darauf zählt, dass sich China und die USA wieder zusammenraufen werden, kann die Aktien dieser Unternehmen derzeit günstig einsammeln.
Wenn die Kriegskasse für die Schnäppchenjagd gefüllt werden muss, trennt sich so manche Anlegerin und mancher Anleger von zuletzt gut gelaufenen Titeln. Im Scalable Broker wurden in den letzten Tagen häufig Rüstungsaktien wie Rheinmetall oder Renk abgestoßen, obwohl sie durch Trumps Zölle kaum aus dem Tritt gekommen waren. Auch die Aktienkurse von Commerzbank und dem Versorger E.ON hatten kaum auf Trumps Zollchaos reagiert und standen vielleicht gerade deshalb im Scalable Broker auf der Verkaufsliste.
Eine Anhebung der US-Einfuhrzölle um nur 10 %: Das klingt nach einer Woche Zollwahnsinn fast schon wie Freihandel in den Ohren der Märkte. Für einen guten Deal stellt Donald Trump zunächst gerne absurde Forderungen in den Raum, von denen er dann teilweise wieder meilenweit zurückrudert. Diesmal brachte der „Dealmaker“ damit die weltweiten Kapitalmärkte an den Rand des Nervenzusammenbruchs und sorgte für einen der schnellsten Börsencrashs aller Zeiten. Am Mittwoch folgte dann die Erholung – für den technologielastigen Index NASDAQ-100 war es sogar der drittbeste Börsentag in seiner über vierzigjährigen Geschichte.
Was bleibt übrig? Ein Aufatmen, aber auch viel zerstörtes Vertrauen an den Kapitalmärkten. Für die weltweiten Handelspartner kommen vorerst nur die besagten um 10 % erhöhten US-Einfuhrzölle zum Tragen. Über alles Weitere werde man in den kommenden 90 Tagen verhandeln, heißt es aus dem Weißen Haus. Nur bei einem Land zeigt sich Trump unnachgiebig: China. Waren aus der Volksrepublik werden mittlerweile mit 145 % verzollt. Das dürfte den Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt in großen Teilen zum Erliegen bringen.
Wieso keine Gnade für China? Die offizielle Story: Chinas Reaktionen auf die US-Zölle seien zu hart gewesen. Ein Vertreter der Volksrepublik hatte davon gesprochen, den Handelskrieg mit den USA „bis zum Ende kämpfen“ zu wollen. Zudem brachte China Gegenzölle in Höhe von 84 % auf den Weg. Ob es Trump von Anfang an nur auf China abgesehen oder ob sein Zoll-Rückzieher vielmehr mit dem Gegenwind der Wall Street zu tun hatte, werden wir vermutlich nie erfahren.
Aufatmen auch in Deutschland: Im am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist von einer Erhöhung der Kapitalertragsteuer keine Rede mehr – die SPD hatte in den Verhandlungen vorübergehend einen Steuersatz von 30 % ins Spiel gebracht. Und für den Nachwuchs gibt es sogar ein kleines Zuckerl: Für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren sollen ab 2026 jeden Monat 10 € in ein Altersvorsorge-Depot fließen. Sobald die Kinder erwachsen sind, können sie damit beginnen, selbst einen gewissen Betrag einzuzahlen. An die Erträge soll man zwar erst bei Renteneintritt herankommen, bis dahin werden sie laut Koalitionsvertrag aber steuerfrei gestellt.
Außerdem wichtig: Die US-Inflationsrate ist im März überraschend stark auf 2,4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen – 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im Februar. Die Märkte hatten im Durchschnitt mit 2,6 % gerechnet. Auch die für die US-Notenbank wichtige Kerninflationsrate, für die stark schwankende Güter wie Lebensmittel oder Energie ausgeklammert werden, sank stärker als erwartet. Niedrigere Inflationsraten erhöhen die Wahrscheinlichkeit für baldige Leitzinssenkungen in den USA, was bullish für die Aktienmärkte wäre.
Je unruhiger die Märkte, desto wichtiger ist die langfristige Perspektive. Das schnelle Auf und Ab der vergangenen Tage ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die schlechtesten und die besten Tage an den Aktienmärkten oft nah beieinander liegen. Wer am Mittwoch nicht investiert war und auch die anderen 19 besten Tage im US-Tech-Index NASDAQ-100 seit seinem Start am 31.01.1985 verpasst hat, kommt per saldo auf eine Performance von knapp 8 % pro Jahr – während simples „Buy & Hold“ über gut 40 Jahre zu 13,4 % geführt hätte. Versuche, den Markt zu timen, bleiben in der Regel aussichtslose Unterfangen. Oder, um es in den Worten der Börsenlegende André Kostolany zu sagen: Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.
Besonnen bleiben! So muss die Devise in unruhigen Börsenphasen lauten. Anlegerinnen und Anleger sollten die grundsätzliche Ausrichtung ihrer Geldanlage nicht leichtfertig über den Haufen werfen. Ein diversifiziertes Portfolio, das zur eigenen Risikotragfähigkeit passt und den individuellen Anlagehorizont berücksichtigt, sorgt dafür, dass man nicht gerade an Tagen nach einem Kurssturz sein Depot zu Geld machen muss.
Vermögensaufbau ist ein Marathon. Durststrecken und Gegenwind gehören dazu. Wer zu schnell außer Puste gerät, wenn man beispielsweise in eine Korrektur läuft, ist an der Börse falsch. Langfristig, auf Sicht von zehn oder mehr Jahren, zeigen sich auch starke Einbrüche letztlich nur als kleiner Zacken nach unten im langfristigen Aufwärtstrend. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn die Trump-induzierte Volatilität an den Märkten in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren weitergeht. Immerhin kann die Lage auch nach der (vorübergehenden) Rücknahme der Zölle nicht als nachhaltig beruhigt gelten. Gerade die geo- und handelspolitischen Spannungen zwischen den USA und China dürften anhalten. Und eine weltwirtschaftliche Abkühlung mit Auswirkungen auch auf die Aktienmärkte ist weiterhin nicht auszuschließen.
„Buy the dip“ oder „Cash is King“? Wie sollten Anlegerinnen und Anleger sich in dieser Phase der Unsicherheit an den Börsen verhalten? In der neuesten Episode „Asset Class – über Wachstum und Werte“ versucht unser Chief Economist Christian W. Röhl diese und weitere Fragen zu beantworten, die unserer Kundschaft gerade unter den Nägeln brennen. Unterstützung erhält er diesmal von Noah Leidinger von „Ohne Aktien wird schwer“ und dem Privatier und Börsenveteranen Helmut Jonen.
Hier geht es zum Video auf YouTube – außerdem ist die Episode natürlich überall zu hören, wo es Podcasts gibt.
Ich dachte, die Leute tanzen ein bisschen aus der Reihe. Sie wurden ein bisschen yippie, wissen Sie, sie wurden ein bisschen yippie, ein bisschen ängstlich.
US-Präsident Donald Trump zur Begründung seiner teilweisen Rücknahme der Importzölle
Einmal mit Profis – sich diesen Wunsch zu erfüllen, kann beim Anlegen ein teures Vergnügen sein. Aktives Fondsmanagement kostet in der Regel eine Menge Geld, was wiederum die Performance schmälert. Wer keine Lust auf hohe laufende Kosten hat, seine Investments aber in die Hände von erfahrenen Finanzmarktprofis legen möchte, kann auf aktive ETFs setzen.
Seine Stärke spielt aktives Management insbesondere in unübersichtlichen und weniger effizienten Märkten wie den Schwellenländern aus. Der aktiv gemanagte ETF iShares Emerging Markets Equity Enhanced Active investiert beispielsweise in aussichtsreiche Unternehmen aus so unterschiedlichen Ländern wie China, Brasilien oder Saudi-Arabien, achtet dabei jedoch darauf, dass ein gewisser Standard in puncto Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) eingehalten wird. Seit seiner Auflage im Sommer 2024 hat der noch junge ETF den Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets leicht outperformt.
Es gibt aber auch sehr breit aufgestellte aktive ETFs, die sogar in mehrere Anlageklassen investieren. Neben Aktien kommen dann beispielsweise auch Anleihen oder Edelmetalle wie Gold zum Einsatz. Diese Portfolio-ETFs gehen in turbulenten Börsenphasen gewissermaßen in Deckung und schichten in weniger volatile Werte um. Wenn die Unsicherheit an den Kapitalmärkten steigt, fährt das ETF-Management zum Beispiel die Quote von vergleichsweise stark schwankenden Assets wie Aktien herunter und nimmt dafür mehr Gold oder langlaufende Staatsanleihen auf.
Think Different! Mit diesem ikonischen Slogan rief Apple vor Jahrzehnten sich und seine Kundschaft dazu auf, Problemen mit kreativen Lösungen zu begegnen. Dass der mittlerweile wieder wertvollste Konzern der Welt noch immer pragmatisch handeln kann, hat er im Angesicht von Donald Trumps Handelszöllen bewiesen: Wenige Tage vor dem Inkrafttreten der Zölle habe Apple laut einem Bericht der Nachrichtenagentur „Reuters“ sechs Flugzeuge randvoll mit 1,5 Millionen iPhones und anderen Devices gepackt, um sie schnellstmöglich aus Indien und China in die USA zu bekommen.
Trumps Zoll-Rückzieher am Mittwoch führte zwar auch bei Apple zu einer massiven Kursrally, die Probleme des iPhone-Herstellers sind damit aber noch längst nicht gelöst. Der Großteil von Apples Produktangebot wird noch immer in China gefertigt, auch wenn sich der kalifornische Konzern seit Längerem darum bemüht, die Produktion stärker in andere Länder Südostasiens wie Indien, Taiwan, Vietnam und Indonesien zu verlagern. Wie Apple mit den weiter bestehenden US-Zöllen gegen China in Höhe von 145 % umgehen will, ist derzeit noch völlig unklar. Trump wünscht sich, dass die Fertigung direkt in die USA verlegt wird. Analystinnen und Analysten gehen aber davon aus, dass iPhones „made in America“ bis zu 3.500 $ kosten könnten.
Für den südkoreanischen Rivalen Samsung sind das gute Nachrichten. Die Galaxy-Smartphones werden häufig in Südkorea gefertigt und unterliegen dementsprechend nur den um 10 % angehobenen US-Einfuhrzöllen. Für das erste Quartal rechnet Samsung mit einem operativen Gewinn von 6,6 Billionen Won (rund 4,3 Mrd. €). Das ist deutlich mehr als von den Märkten erwartet. Das Analyse-Team der London Stock Exchange Group hatte beispielsweise nur mit 5,1 Billionen Won (rund 3,2 Mrd. €) gerechnet.
Sparplan-Renditen des MSCI World Net Total Return Index in DM bzw. Euro
Time in the market, beats timing the market: Unter den Börsensprüchen mit Bart hat dieser den längsten. Wahr ist er trotzdem: Wer zwischen 1970 und 2024 regelmäßig einen ETF auf den beliebten Aktienindex MSCI World bespart hat, musste in der Regel nur kurze Verlustphasen durchstehen, langfristig hat sich so ein Sparplan stets gelohnt. In unserem Renditedreieck sind alle Zeiträume grün hinterlegt, in denen Anlegerinnen und Anleger einen Gewinn gemacht hätten. Rote Kästchen markieren Jahre, in denen ein Verlust angefallen wäre.
Zwei der schlechtesten Zeitpunkte, um sein Depot zu Geld zu machen, waren kurz nach der Ölpreiskrise 1973 und die Jahre nach dem Platzen der Dotcom-Bubble zur Jahrtausendwende. Das größte Minus markierte jedoch das Jahr 2008: Wer Anfang dieses Unglücksjahres in den MSCI World investierte und Ende Dezember schon wieder ausstieg, büßte fast die Hälfte des Vermögens ein. Wer hingegen bereits seit 16 Jahren investiert war, konnte sogar auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise verkaufen und befand sich noch immer leicht im Plus.
Mehr Infos zur Macht des Dranbleibens hat unser Chief Economist auf unserem Blog zusammengetragen.
Quellen: Scalable and dpa-AFX