Schlechtes Börsenwetter meistern

29. April 2025  |  Lisa Osada
Asset_Blog_Aktiengram_Schlechtes_Boersenwetter_1920
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Hintergründe der aktuellen Marktentwicklung – und er soll der aufkommenden Krisenstimmung etwas den Wind aus den Segeln nehmen.

In den vergangenen Wochen und Monaten ging es an den Börsen spürbar turbulent zu. Besonders für Privatanleger, die noch nicht lange investiert sind, sorgt das schnell für Verunsicherung. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Hintergründe der aktuellen Marktentwicklung – und er soll der aufkommenden Krisenstimmung etwas den Wind aus den Segeln nehmen.

Spätestens seit Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump vergeht kaum eine Woche ohne überraschende Nachrichten und die Aktienmärkte wissen nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollen. Diese Ungewissheit führte insbesondere bei den großen US-Technologieunternehmen zu einem starken Rückzug von Kapital und damit zu einer schwachen Performance des Gesamtmarktes. Schließlich machen die „Magnificent 7“ Apple, Nvidia, Microsoft, Amazon, Meta, Alphabet und Tesla zusammen etwas mehr als 20% der Gewichtung im MSCI World Index aus. Eine schlechte Performance dieser Aktien zieht daher schnell alle ETFs, die diese Werte abbilden, mit nach unten. Verstärkt wird der Effekt dadurch, dass in der Regel nicht nur „die glorreichen Sieben“ leiden, wenn es in den USA nicht rund läuft, sondern die Auswirkungen auch auf diverse andere Aktien durchschlagen.

Bevor ich aber näher auf das Thema „Börsencrash“ und die damit verbundene „Börsenpsychologie“ eingehe und dazu Tipps und Tricks zum besseren Umgang mit der Situation gebe, möchte ich zumindest einmal erwähnen, dass wir meiner Ansicht nach in der aktuellen Situation noch lange nicht von einer Krise oder einem Crash sprechen können. Wir erleben derzeit zwar einen Rücksetzer an den amerikanischen Börsen, aber das ist noch nicht als Krise zu bezeichnen.

Womit wir auch schon beim ersten kleinen Trick wären, um die Gemüter vielleicht etwas zu beruhigen. Wenn du einen langfristigen Investmentansatz verfolgst, musst du deinem Kapital auch die nötige Zeit geben, sich zu entwickeln. Wenn du dir also die Gesamtperformance deines Depots oder einzelner ETFs im Scalable Broker anschaust, ergibt es wenig Sinn, nur auf die Monats- (1M), Wochen- (1W) oder gar Tagesperformance (1T) zu blicken, da diese für langfristige Anleger ohnehin von untergeordneter Bedeutung sind. Besser ist es, die Performance auf Jahresbasis (1J) oder noch besser (MAX) „seit Kauf“ zu betrachten. Gerade bei breit gestreuten Portfolios, die nicht nur verschiedene Unternehmen, sondern auch verschiedene Kontinente und Länder abbilden, zeigt sich bei der Betrachtung längerer Zeiträume meist ein positiver Trend. Der aktuelle „Crash“ wird so zu einem kleinen Dämpfer am Ende einer durchweg positiven Entwicklung. Im Englischen gibt es den Spruch „When in doubt, zoom out“, der diese Situation sehr treffend beschreibt - wenn du an der aktuellen Entwicklung zweifelst, zoome raus, d.h. betrachte einen längeren Zeithorizont und nicht nur die Momentaufnahme.

Die Bedeutung der Börsenpsychologie für langfristig orientierte Anleger

Mit dieser kleinen Weisheit leiten wir zum eigentlichen Thema dieses Artikels über - die Psychologie der Börse. Sie untersucht die emotionalen und kognitiven Prozesse, die unser Anlageverhalten prägen. Für langfristige Kapitalanleger ist sie von zentraler Bedeutung, da kurzfristige Marktschwankungen und Krisen oft zu irrationalen Entscheidungen führen. Wer seine Emotionen nicht im Griff hat, läuft Gefahr, in Panik zu verkaufen oder Chancen zu verpassen - beides kann langfristig zu erheblichen finanziellen Verlusten führen.

Als langfristig orientierte Anleger verfolgen wir in der Regel das Ziel, über Jahre oder Jahrzehnte ein Vermögen aufzubauen. Aktien sind dafür ein bewährtes Instrument, denn sie bieten historisch gesehen eine höhere Rendite als andere Anlageklassen wie Anleihen oder Sparbücher. Doch der Weg ist oft von Volatilität geprägt: Börsenkrisen, Rezessionen und geopolitische Unsicherheiten können die Märkte vorübergehend erheblich belasten. In solchen Phasen ist es besonders wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von Emotionen wie Angst oder Gier leiten zu lassen.

Warum fällt das so schwer? Unser Gehirn ist evolutionär nicht darauf ausgelegt, mit den komplexen und schnellen Entwicklungen an den Finanzmärkten umzugehen. Instinkte wie Fluchtreflexe oder Gruppenverhalten, die uns früher vor Gefahren geschützt haben, können an der Börse zu Fehlentscheidungen führen. Die gute Nachricht: Mit dem richtigen Wissen und den richtigen Strategien können Privatanleger lernen, diese psychologischen Hürden zu überwinden.

Typische Denkfehler in Krisenzeiten

In Börsenkrisen treten regelmäßig bestimmte psychologische Muster auf, die das Verhalten vieler Anleger beeinflussen. Diese Phänomene sind tief in der menschlichen Natur verwurzelt und können selbst erfahrene Börsianer in die Irre führen. Im Folgenden möchte ich die wichtigsten dieser Phänomene beschreiben:

1. Panikverkäufe

Wenn die Kurse fallen, geraten viele Anleger in Panik. Die Angst vor Verlusten führt dazu, dass sie ihre Wertpapiere verkaufen - oft genau dann, wenn die Märkte ihren Tiefpunkt erreichen. Verstärkt wird dieses Verhalten durch die sogenannte Verlustaversion: Verluste wiegen emotional schwerer als Gewinne. Studien zeigen, dass der Schmerz über einen Verlust etwa doppelt so stark empfunden wird wie die Freude über einen Gewinn in gleicher Höhe. In Krisenzeiten kann diese Angst so übermächtig werden, dass Menschen ihre langfristigen Pläne über Bord werfen und impulsiv handeln. Ein Beispiel: Während der Finanzkrise 2008 verkauften viele Anleger ihre Aktien im März 2009, kurz bevor sich der Markt zu erholen begann - und verpassten so die anschließende Erholung.

2. Herdenverhalten

Menschen neigen dazu, dem Verhalten der Masse zu folgen - auch an der Börse. Wenn viele Anleger verkaufen, steigt der Druck auf andere, es ihnen gleich zu tun. Dieses Herdenverhalten kann zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale führen, in der die Kurse immer weiter fallen. Umgekehrt kann in Boomphasen übertriebener Optimismus zu einer Blasenbildung führen, wie etwa bei der Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre. Auch in der aktuellen Phase sprechen manche von einer KI-Blase, obwohl ich hier nicht so enorme Übertreibungen sehe wie damals bei der Dotcom-Blase. Herdenverhalten ist besonders gefährlich, weil es dazu verleitet, dem Gruppendruck nachzugeben und rationale Überlegungen zu ignorieren. Die Folge: Anleger handeln nicht faktenbasiert, sondern folgen blind der Masse. Wer noch mehr über die Dotcom-Blase erfahren möchte, sollte sich unbedingt das Video „Lehren aus dem Crash - 25 Jahre nach der Dotcom-Blase“ auf dem Youtube-Kanal von Scalable Capital anschauen.

3. Selbstüberschätzung

Gerade in „guten Zeiten“ überschätzen Menschen oft ihre Fähigkeiten. Sie glauben, den Markt besser einschätzen zu können als andere und treffen riskante Entscheidungen. Dieses übertriebene Selbstvertrauen kann aber auch in Krisenzeiten zu Fehleinschätzungen führen, etwa wenn man glaubt, den Tiefpunkt genau vorhersagen und zum richtigen Zeitpunkt wieder einsteigen zu können. Tatsächlich ist Market Timing - also der Versuch, den Markt zu timen - für die meisten Anleger langfristig nicht erfolgreich. Studien zeigen, dass selbst professionelle Fondsmanager selten besser abschneiden als der Markt, wenn sie versuchen, den perfekten Ein- oder Ausstiegszeitpunkt zu finden.

4. Ankereffekt

Anleger neigen dazu, sich an bestimmten Referenzpunkten, wie etwa dem Kaufpreis einer Aktie, festzuhalten. Fällt der Kurs unter diesen Preis, warten sie oft darauf, dass die Aktie wieder steigt, um keinen Verlust zu realisieren. Dieser Ankereffekt kann dazu führen, dass sie an schlechten Investitionen festhalten, anstatt sie zu verkaufen und das Kapital anderweitig anzulegen. In Krisenzeiten verstärkt sich dieser Effekt, da die Hoffnung auf eine Erholung oft unrealistisch ist. Beispiel: Ein Anleger kauft eine Aktie für 100 Euro. Fällt sie auf 70 Euro, zögert er oft mit dem Verkauf, obwohl sich die Fundamentaldaten des Unternehmens verschlechtert haben - nur weil er keinen Verlust "realisieren" möchte.

5. Bestätigungsfehler

Menschen suchen häufig nach Informationen, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen, und ignorieren widersprüchliche Signale. Dieser Bestätigungsfehler kann in Börsenkrisen dazu führen, dass Anleger Warnsignale übersehen oder bagatellisieren, weil sie an ihrer ursprünglichen Anlagestrategie festhalten wollen. Ein Anleger, der davon überzeugt ist, dass eine bestimmte Aktie ein "Schnäppchen" ist, könnte negative Nachrichten über das Unternehmen ignorieren und weiter investieren - mit möglicherweise katastrophalen Folgen.

Diese Phänomene zeigen, wie stark Emotionen und kognitive Verzerrungen das Urteilsvermögen beeinflussen können. Doch es gibt Wege, sich davor zu schützen.

6 Tipps, wie du deine Emotionen in den Griff bekommst

Nachdem wir einige psychologische Fallstricke identifiziert haben, geht es nun darum, diese zu vermeiden und auch in Krisenzeiten rational zu handeln. Es gilt, Emotionen zu kontrollieren und sich auf langfristige Ziele zu konzentrieren. Dabei können verschiedene Ansätze helfen.

1. Einen langfristigen Plan entwickeln

Ein klar definierter Anlageplan ist das Fundament für erfolgreiches Investieren. Lege deine finanziellen Ziele - etwa Vermögensaufbau, Altersvorsorge oder Hauskauf - sowie deinen Anlagehorizont (z.B. 20 oder 30 Jahre) fest und entscheide, wie viel Risiko du einzugehen bereit bist. Ein solcher Plan dient als Leitfaden und hilft auch in turbulenten Zeiten, nicht vom Kurs abzukommen. Wichtig ist natürlich, dass du dich an den Plan hältst und dich nicht von kurzfristigen Marktentwicklungen beeinflussen lässt. Am besten ist es daher, die Strategie schriftlich festzuhalten, um sich auch in schwierigen Zeiten daran zu erinnern, warum man überhaupt investiert.

2. Diversifikation

Ein Tipp, den sicher jeder schon oft gehört hat, aber ich werde nicht müde, ihn immer und immer wieder zu erwähnen! Eine breite Streuung des Kapitals über verschiedene Anlageklassen, Branchen und Regionen reduziert das Risiko und mildert die Auswirkungen von Krisen. Gerade in der aktuellen Situation kann man sehen, dass europäische Aktien in letzter Zeit sehr gut gelaufen sind, während amerikanische Aktien schwächeln. Wer breit diversifiziert ist und Aktien aus den USA und Europa hält, hat deutlich weniger Turbulenzen im Depot. Wer hingegen sein gesamtes Vermögen in einer einzigen Aktie oder Branche hält, dessen Depot ist wesentlich anfälliger! Durch Diversifikation verhinderst du, dass deine Performance von einer einzigen Position abhängt. Breit gestreute ETFs bieten eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen.

3. Lege deine Verkaufsregeln im Voraus fest

Emotionale Entscheidungen sind oft der größte Feind des Anlegers. Klare Regeln können helfen, Panikverkäufe zu vermeiden. Das kann ein bestimmter prozentualer Verlust sein (z.B. „Ich verkaufe die Aktie, wenn der Kurs um 30% fällt“) oder eine fundamentale Verschlechterung des Unternehmens (z.B. sinkende Gewinne über mehrere Quartale). Solche Regeln helfen, rationale Entscheidungen zu treffen und nicht aus Angst oder Gier zu handeln.

4. Bilde dich weiter

Ein besseres Verständnis der Psychologie im Zusammenhang mit deiner Anlagestrategie kann enorm helfen, Ängste abzubauen und rationale Entscheidungen zu treffen. Ein erster Schritt ist bereits das Lesen dieses Artikels, aber natürlich gibt es auch viele Bücher über die Börse und Börsenpsychologie, die dir dabei helfen können. Je mehr du darüber weißt, desto weniger wirst du von Emotionen wie Panik oder Gier beeinflusst. Das Wissen gibt dir die Sicherheit, dass Schwankungen normal sind und sich die Märkte langfristig wieder erholen.

5. Automatisiertes Investieren mit Sparplänen

Regelmäßiges Investieren eines festen Betrags, unabhängig von der Marktlage, kann helfen, Emotionen aus dem Anlageprozess herauszuhalten. Wer seinen Sparplan auch in Krisenzeiten weiterlaufen lässt, kauft günstiger ein und drückt so seine Einstiegskurse. Mit diesem Wissen kann man sich über fallende Kurse eigentlich nur freuen, weil man dann für das gleiche Geld mehr Unternehmensanteile kaufen kann.

6. Akzeptieren, dass Volatilität normal ist

Börsenkrisen sind ein natürlicher Bestandteil der Märkte. Historisch betrachtet haben sich die Märkte nach jeder Krise wieder erholt und neue Höchststände erreicht - sei es nach dem Schwarzen Montag 1987, der Dotcom-Blase 2000 oder der Finanzkrise 2008. Wenn du das akzeptieren kannst, bleibst du gelassener und vermeidest Panik. Vergiss nicht das bekannte Börsensprichwort: „Time in the market beats timing the market“. Langfristig orientierte Anleger profitieren von der Zeit im Markt, nicht vom Versuch des Market-Timings.

Fazit: Langfristig denken, entspannt investieren

Die Börsenpsychologie ist ein entscheidender Faktor für deinen langfristigen Anlageerfolg. Privatanleger, die ihre Emotionen im Griff haben und sich auf ihre langfristigen Ziele konzentrieren, können auch in Krisenzeiten gelassen bleiben. Wer die häufigsten psychologischen Fallstricke wie Panikverkäufe, Herdenverhalten oder Selbstüberschätzung kennt und Strategien wie einen klaren Anlageplan, Diversifikation und Disziplin anwendet, kann sein Portfolio schützen und sein Vermögen langfristig vermehren.

Geduld und Disziplin werden an der Börse belohnt! Lasse dich von kurzfristigen Schwankungen nicht verunsichern, sondern vertraue auf deine Anlagestrategie. Denn auch wenn die Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft ist: Die historische Entwicklung zeigt, dass sich Aktien über längere Zeiträume - allen Krisen zum Trotz - als verlässlicher Baustein für den Vermögensaufbau erwiesen haben. Und das funktioniert auch hervorragend mit kleinen Schritten und monatlichen Sparplänen!

Risikohinweis – Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen. Wir erbringen keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Sollte diese Website Informationen über den Kapitalmarkt, Finanzinstrumente und/oder sonstige für die Kapitalanlage relevante Themen enthalten, so dienen diese Informationen ausschließlich der allgemeinen Erläuterung der von Unternehmen unserer Unternehmensgruppe erbrachten Wertpapierdienstleistungen. Bitte lesen Sie auch unsere Risikohinweise und Nutzungsbedingungen.

 

Mehr lesen? Jetzt unseren Newsletter abonnieren
und Börsen-News direkt ins Postfach erhalten.

Author_Lisa_Osada_coloured
Lisa Osada
Gründerin Aktiengram
Lisa Osada ist Finanzbloggerin, Fachinformatikerin und SPIEGEL-Bestseller Autorin. 2020 gründete sie ihren erfolgreichen Finanzblog „Aktiengram“ und den gleichnamigen Instagram Kanal, mit dem sie zehntausende Menschen motiviert, ihre finanziellen Ziele eigenverantwortlich zu erreichen. Sie investiert seit fast 15 Jahren in Aktien und ist mittlerweile auch beruflich im Finanzbereich für das Hamburger Fintech Parqet im Bereich des Portfolio Tracking tätig.