Tausende Aktien aus aller Welt in einem einzigen Wertpapier: Die kostengünstigen Weltportfolio-ETFs sind in vielen Depots ein starker Kern – und der hat 2024 erneut eine weit überdurchschnittliche Performance aufs Parkett gelegt. Inklusive ausgeschütteter oder thesaurierter Dividenden summiert sich das Plus auf über 20 %. Dazu gab es abgesehen von ein paar turbulenten Tagen im August keine nennenswerten Rücksetzer.
Dass es im kommenden Jahr weiter so entspannt aufwärts geht, sollten wir freilich nicht erwarten. Allein der Machtwechsel im Weißen Haus dürfte dafür sorgen, dass zumindest die Schwankungen zunehmen – was sich mit Sparplänen auf MSCI World & Co. clever für den Vermögensaufbau nutzen lässt. Gleichzeitig spricht gerade die unübersichtliche Welt- und Wirtschaftslage für ein global gestreutes Investment, in dem international aufgestellte Konzerne und der wachstumsstarke Technologie-Sektor derzeit den Schwerpunkt bilden: Eine solide langfristige Basis, die man im Rahmen einer Core/Satellite-Strategie um komplementäre Spezialitäten ergänzen kann, aber nicht muss.
„America First“ ist nicht nur eine politische Doktrin, sondern auch die Realität an den Kapitalmärkten. Zum sechsten Mal in den vergangenen sieben Jahren haben US-Aktien 2024 besser abgeschnitten als der Rest der Welt. Treiber waren einmal mehr die sieben Technologie-Titanen („Magnificent 7“), die für rund die Hälfte der über 25 % Performance des S&P 500 verantwortlich sind. Aber auch in anderen Branchen sind viele US-Unternehmen international führend, was Marktposition, Margen und Gewinnwachstum angeht – nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftsfreundlichen Bedingungen auf dem Heimatmarkt.
Die vom künftigen Präsidenten Donald Trump angekündigten steuerlichen und regulatorischen Erleichterungen sorgen für weiteren Rückenwind. Gleichzeitig sind die US-Börsen im historischen Vergleich hoch bewertet, was etwa dann zum Problem werden könnte, wenn die Inflation anzieht und die Zinsen nicht wie erwartet sinken. Ob Europa oder Japan, wo die Bewertungen deutlich niedriger sind, in einem solchen Szenario wirklich besser abschneiden, sei dahingestellt. Die Outperformance der USA ist jedenfalls kein Naturgesetz: 1976-78, 1983-88 oder 2001-07 haben sich die Aktien im Rest der Welt deutlich besser entwickelt.
Mit Emerging Markets-Aktien vom Aufstieg neuer Wirtschaftsmächte profitieren – diese Verheißung hat sich in den vergangenen Jahren nicht in der Breite erfüllt. Vor allem China lastete 2024 schwer auf den Schwellenländer-ETFs. Das nachlassende Wachstum, die Krise auf dem Immobilienmarkt, die staatlichen Eingriffe in den Privatsektor und die Angst vor einer militärischen Eskalation des Taiwan-Konflikts hatten die China-Indices seit den Hochs vom Frühjahr um über 50% abstürzen lassen. Im Oktober kam dann endlich die Reaktion der Pekinger Führung: Das umfangreichste Konjunkturpaket seit der Finanzkrise 2008/09 wurde an der Börse mit einer rasanten Rallye gefeiert, wie man anhand des Charts erkennen kann.
Dass die Kurse seither wieder bröckeln, signalisiert die Zweifel der Investoren an einer nachhaltigen Trendwende, zumal die strukturellen Probleme und Vorbehalte sich mit Finanzspritzen allein nicht lösen lassen. Auch in Lateinamerika wirkt das innenpolitische Umfeld eher abschreckend, dazu leidet Brasilien unter der mauen Rohstoff-Nachfrage und Mexiko fürchtet die von Donald Trump angekündigten Zölle. Nur Indien zeigt einen stabilen Aufwärtstrend. Seit den Corona-Tiefs 2020 haben sich die Kurse selbst in Euro verdreifacht, wodurch die fundamentalen Bewertungen fast auf US-Niveau geklettert sind und viel vom zweifelsohne vorhandenen langfristigen Potential vorweggenommen haben.
Hohe Energiepreise, marode Infrastruktur, überbordende Bürokratie, sinkende Industrieproduktion: Deutschland steckt in der Krise – und der DAX steigt prozentual zweistellig. Also alles nicht so schlimm? Mitnichten, denn der DAX ist eben nicht “die deutsche Wirtschaft”, sondern überwiegend bestückt mit international aufgestellten Konzernen, die zwar in Deutschland verwurzelt sind, aber längst den Großteil ihrer Geschäfte und ihrer Belegschaft im Ausland haben.
Dazu entfallen über 50 % des DAX auf ganze sechs Unternehmen, bei denen es derzeit richtig gut läuft: SAP, Siemens, Allianz, Deutsche Telekom, Airbus und Münchener Rück. Die Probleme bei Volkswagen & Co. fallen dagegen weniger ins Gewicht, da die sechs Auto-Werte nur noch einen Anteil von 8% haben. Auch der Sorgenfall Bayer ist auf weniger als 1,5% vom Index geschrumpft. Wer wirklich wissen will, wie es um Deutschland steht, schaut deshalb auf MDAX und SDAX, die das Börsenjahr wohl im Minus beenden werden. Die hier versammelten kleineren und mittleren Unternehmen sind zwar vielfach ebenfalls global aktiv, haben ihre Anlagen und Mitarbeiter aber überwiegend in der Heimat und leiden deshalb stärker unter den Defiziten des Standorts Deutschland – auch was die Wahrnehmung durch internationale Investoren angeht. Falls die viel beschworene “Wirtschaftswende” unter einer neuen Regierung gelingt, besteht hier gleichsam gehöriges Aufholpotenzial.
Anders als Krisen, Crashs und Katastrophen lassen sich optimistische Börsen-Narrative nur selten mit einem konkreten Datum verbinden. Zu diesen Ausnahmen gehört der 30. November 2022: Der öffentliche Launch von ChatGPT war gleichsam der Startschuss für einen Boom bei allem, was sich mit Künstlicher Intelligenz verbinden lässt – angeführt vom Chip-Designer Nvidia, der mit seinen vor allem beim Weltmarktführer Taiwan Semiconductor gefertigten Prozessoren quasi die begehrtesten Schaufeln für die digitalen Goldgräber des KI-Zeitalters im Angebot hat und 2024 zeitweise zur wertvollsten Börsenfirma der Welt aufgestiegen ist.
Dass KI Wirtschaft und Gesellschaft ähnlich nachhaltig umwälzen wird wie das Internet, steht außer Frage. Und wie vor 25 Jahren wird erstmal großflächig investiert. Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta stecken jedes Quartal zweistellige Milliardenbeträge in Datencenter, Industrieunternehmen lassen sich von Accenture, IBM & Co. KI-fit machen, Start-ups sammeln immense Summen an Venture Capital ein. “Claims abstecken” lautet das vom Goldrausch entlehnte Credo, die Rendite kommt später. Solange das auch die Geldgeber so sehen, kann der Hype noch eine ganze Weile laufen. Doch die Erfahrung lehrt: Während wir Menschen dazu neigen, die Kraft technologischer Umbrüche eher zu unterschätzen, überschätzen wir ihre Geschwindigkeit – und unsere Geduld.
Chips und Daten mögen das “Öl des 21. Jahrhunderts” sein. Aber (nicht nur) die Datencenter, die rund um den Globus entstehen, brauchen Unmengen an Energie. Und natürlich sollen die KI-Prozessoren nicht mit fossilen Brennstoffen laufen, sondern klimaneutral – wobei Microsoft, Amazon & Co. sich deutlich technologieoffener positionieren als die deutsche Regierung: Die Tech-Titanen schließen zwar weiterhin langfristige Lieferverträge für Wind- und Solarstrom ab, verpartnern sich gleichzeitig aber auch mit Kernkraftwerksbetreibern und investieren sogar in neue Nuklear-Projekte.
Nicht von ungefähr haben Atomstrom-Versorger wie Vistra und Constellation 2024 an der Börse noch besser abgeschnitten als Nvidia oder Palantir. Erneuerbare Energien-Aktien werden dagegen schon seit zwei Jahren so massiv abverkauft, dass Finanzinvestoren nun lukrative Einstiegsgelegenheiten wittern – siehe die milliardenschwere Übernahme des Hamburger Wind- und Solarpark-Betreibers Encavis durch KKR und die Familie Viessmann. Und auch die Zeit von Öl und Gas ist noch lange nicht vorbei, zumal viele Konzerne sich inzwischen deutlich effizienter aufgestellt haben und trotz gesunkener Marktpreise mehr verdienen als vor zehn Jahren.
Künstliche Intelligenz ist unbestritten das Börsen-Thema 2024. Bemerkenswerte Erfolgsgeschichten gibt es indes auch abseits der Technologie-Narrative: Private Equity-Gesellschaften wie KKR, Blackstone oder Apollo profitieren davon, dass Pensionskassen, Stiftungen und hochvermögende Familien ihre Milliarden zunehmend in alternative Anlageklassen wie Immobilien, Infrastruktur, Venture Capital oder nicht notierte Firmenbeteiligungen stecken – wenngleich die Performance der letzten Monate schon viel Optimismus ausdrückt.
Doch auch hoch bewertete Aktien können eben weiter steigen, solange die Erwartungen (über)erfüllt und Wachstumspotenziale erschlossen werden. So geschehen bei den US-Handelsriesen Walmart und Costco, die mit Marktmacht und cleveren Club-Modellen dem angespannten Konsumenten-Klima trotzen. Ziemlich lecker auch die Performance eines belgischen Unternehmens: Lotus Bakeries hat seine beliebten Biscoff-Kekse durch Übernahmen und Partnerschaften dermaßen erfolgreich zu einer globalen Produktwelt skaliert, dass die Aktie nun das sechste Jahr in Folge zweistellig gestiegen ist und sich seit Ende 2014 sogar mehr als verelffacht hat.
Irgendwann muss doch mal Schluss sein mit dem Kursverfall, mag man sich gedacht haben, nachdem Bayer Ende letzten Jahres auf 30 Euro abgesackt war – schließlich war die Aktie der Leverkusener Pharma- und Chemie-Ikone vor der toxischen Monsanto-Übernahme ja mal über 140 Euro wert gewesen. Ein teurer Blick in den Rückspiegel, denn die nach wie vor offenen Glyphosat-Klagen, eine überschätzte Wirkstoff-Pipeline und die schwache Nachfrage im Agrargeschäft haben den Kurs nun sogar unter 20 Euro stürzen lassen.
Ähnlich die Situation beim Chip-Dino Intel und der US-Apothekenkette Walgreens. Beide Traditionsfirmen kämpfen schon länger mit strukturellen Problemen, nähren allein wegen ihrer Historie immer wieder Hoffnungen auf eine Trendwende, scheinen weit unter den alten Höchstkursen schnäppchengünstig bewertet zu sein – und haben 2024 trotzdem nochmal die Hälfte bzw. zwei Drittel ihres bereits arg geschrumpften Wertes verloren. Für alle, die in Einzelaktien investieren, eine wichtige Lektion: Turnaround-Spekulationen haben ihren Reiz, aber auch eine Aktie, die schon 50% verloren hat, kann sich erneut (sogar mehrfach) halbieren. Und selbst Unternehmen, die zuvor über Jahrzehnte erfolgreich waren, können in der Bedeutungslosigkeit versinken. Nokia, Eastman Kodak oder KarstadtQuelle sind warnende Beispiele…
Mit über 20% Plus in den US-dominierten Weltportfolio-ETFs ist 2024 zweifelsohne ein herausragendes Aktienjahr. Aber es ging noch besser, und zwar ausgerechnet mit einer der ältesten Wertanlagen der Menschheit: Gold hat in US-Dollar 28% zugelegt, in Euro sogar knapp 35% – mehr als in jedem anderen Jahr seit Einführung der Gemeinschaftswährung.
An passenden Erzählungen herrscht kein Mangel. Mal sind es die Zentralbanken des „Globalen Südens“, die ihre Devisenreserven unabhängiger vom Dollar machen wollen; mal ist es die grassierende Staatsverschuldung in vielen Industrieländern, die das Vertrauen ins „Papiergeld“ schwinden lassen; mal wird die Erwartung steigender Inflation und sinkender Realzinsen bemüht. Alles plausibel, auch mit Blick auf 2025, aber die entscheidende Frage bleibt: Will man einen Teil seines Vermögens in eine Asset-Klasse stecken, die keine laufenden Erträge abwirft, dafür aber zumindest historisch über sehr lange Zeiträume die Kaufkraft gesichert und sich weitgehend unabhängig von Aktien und Anleihen entwickelt hat? Wer das bejaht, fährt nach Steuern und Gebühren am besten mit physisch unterlegten Wertpapieren mit Auslieferungsanspruch – während viele Goldminen-Aktien in den letzten Jahren von steigenden Kosten und Regulierungsauflagen belastet waren.
Die Geschichte des Investment-Jahres 2024 wäre unvollständig ohne Bitcoin, schließlich hat der Kurs sich weit mehr als verdoppelt, so dass die Kryptowährung nun an der „magischen“ 100.000-Dollar-Schwelle steht. Wobei – ist Bitcoin wirklich eine Währung? Oder eher ein elektronischer Wertspeicher? Vielleicht sogar der Nukleus eines neuen Finanzsystems? Oder doch bloß der virtuelle Wiedergänger der Tulpenzwiebel, mit denen Menschen schon vor 400 Jahren Haus und Hof verzockt haben?
Fakt ist jedenfalls: Auf dem langen Weg zu einer relevanten Asset-Klasse ist Bitcoin ein gutes Stück vorangekommen, nicht zuletzt durch die zum Jahresanfang in den USA lancierten ETFs, deren Volumen etwa bei Blackrock auf Augenhöhe mit Gold-ETFs ist. Und dass der künftige US-Präsident sich als Bitcoin-Fan inszeniert, weitere Deregulierung in Aussicht stellt und sogar mit dem Gedanken einer staatlichen Bitcoin-Reserve spielt, könnte ein weiterer Meilenstein sein. Spannend außerdem, ob eine steigende Akzeptanz zu geringeren Schwankungen führt. Denn in den letzten fünf Jahren hat sich der Bitcoin-Preis zwar verzehnfacht, ist zwischenzeitlich aber auch um über 75% eingebrochen – was nicht so recht zum Narrativ vom „digitalen Gold“ passen will.
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