
Wie lässt sich ein globaler Aktienmarkt mit über 2.600 Titeln aus 47 Ländern effizient in einem einzigen Wertpapier bündeln? Exchange Traded Funds (ETFs) haben das passive Investieren für Millionen von Anlegenden zugänglich gemacht. Doch während die Anwendung einfach erscheint, verbirgt sich hinter der Fassade ein komplexer Maschinenraum, in dem verschiedene Techniken über die exakte Rendite entscheiden. Die Wahl der richtigen Replikationsmethode kann dabei den Unterschied zwischen einer marktüblichen und einer optimierten Performance ausmachen.
In der neuesten Folge des Podcasts Asset Class diskutiert Christian W. Röhl die Funktionsweise moderner ETFs mit Markus Kirchler, Senior Portfolio Manager bei Scalable Capital. Im Zentrum des Gesprächs steht die Frage, wie durch eine intelligente Kombination bewährter Methoden eine strukturelle Outperformance erzielt werden kann – ein Vorteil, der lange institutionellen Großanlegern vorbehalten war.
Ein Index wie der MSCI All Country World fungiert im Grunde als globaler „Einkaufszettel“ für den Aktienmarkt. Doch wie wird dieser Zettel geschrieben? Die Aufnahme von Ländern und Unternehmen folgt klaren, regelbasierten Kriterien, die frei von subjektiven Managemententscheidungen sind. Markus Kirchler erklärt, dass Indexanbieter wie MSCI Länder zunächst nach der Entwicklung ihres Kapitalmarktes in Industrie-, Schwellen- oder Frontier-Märkte einteilen.
Innerhalb dieser Länder werden die Unternehmen anschließend nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet. Dieses Prinzip sorgt dafür, dass die größten und liquidesten Unternehmen das höchste Gewicht erhalten. Ein wesentlicher Vorteil dieses Ansatzes ist seine Dynamik: Erfolgreiche Unternehmen, deren Börsenwert steigt, nehmen automatisch eine prominentere Rolle im Index ein, während schwächere an Bedeutung verlieren. Im Gegensatz zu Indizes wie dem DAX, der lange Zeit eine Obergrenze für Einzelwerte hatte, gibt es im MSCI All Country World keinen solchen „Cap“. Diese Methodik folgt dem Börsenprinzip „Let your winners run“ und stellt sicher, dass Anlegende an den Erfolgsgeschichten der globalen Wirtschaft teilhaben.
Um die Wertentwicklung eines Index nachzubilden, nutzen ETF-Anbieter verschiedene Techniken. Die bekannteste ist die physische Replikation, bei der die im Index enthaltenen Aktien tatsächlich gekauft werden. Diese Methode besticht durch maximale Transparenz, denn „was man sieht, ist auch das, was man bekommt“, wie Röhl im Gespräch anmerkt. Allerdings kann der Kauf aller – insbesondere kleinerer und illiquider – Titel hohe Transaktionskosten verursachen, die die Rendite schmälern.
Hier setzt die synthetische Replikation an. Anstatt die Aktien direkt zu erwerben, geht der ETF ein Tauschgeschäft mit einer Finanzinstitution ein, einen sogenannten Swap. Diese Gegenpartei garantiert die exakte Indexrendite, während der ETF im Gegenzug die Rendite eines Sicherheitenkorbs (eines Portfolios aus anderen, meist liquiden Wertpapieren) liefert. Diese Methode wurde in Vergangenheit aufgrund des Einsatzes von Derivaten oft kritisch gesehen, doch Kirchler betont die hohen Sicherheitsstandards: Das Kontrahentenrisiko ist durch regulatorische Vorgaben auf maximal 10 % des Fondsvermögens begrenzt und wird in der Praxis durch tägliche Anpassungen und oft sogar eine Übersicherung weiter minimiert. „Weder 2008 noch 2020 gab es ein Platzen [eines Swaps]“, so Kirchler, was die Robustheit der Konstruktion unterstreicht.
Warum also nicht einfach auf die effizienteste Methode setzen? Die Antwort liegt in der differenzierten Betrachtung der globalen Märkte. Es gibt keine einzelne Replikationsmethode, die für alle Länder und Regionen optimal ist. Genau hier setzt der innovative Ansatz der hybriden Replikation an, der die Stärken beider Welten gezielt kombiniert. Markus Kirchler führt aus, dass man versucht habe, „das Beste aus beiden Welten zu kombinieren: die Transparenz der physischen Replikationsmethode […] und andererseits natürlich auch die Performance-Vorteile von synthetischen ETFs“.
Konkret bedeutet dies:
Durch diese gezielte Kombination entsteht eine strukturelle Outperformance. Eine Rückrechnung von Scalable Capital zeigt, dass dieser Ansatz eine Mehrrendite von rund 0,22 % pro Jahr im Vergleich zu herkömmlichen Produkten erzielen kann. Dieser Vorteil entsteht nicht durch aktives Management oder höheres Risiko, sondern allein durch die intelligente und effiziente Struktur des ETFs.
Die Entwicklung der hybriden Replikation ist ein weiterer Schritt in der Evolution des ETF-Marktes. Was einst mit einfachen, physisch replizierenden Produkten begann, hat sich zu einem hoch entwickelten Segment entwickelt. Es verschafft Anlegenden Zugang zu Techniken, die früher institutionellen Akteuren vorbehalten waren. „ETFs sind dazu da, Investieren zu demokratisieren, jedem zugänglich zu machen“, betont Kirchler. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, die Kosten weiter sinken, während die Produkte selbst durch technologische Innovationen noch effizienter werden.
Für Anlegende bedeutet dies, dass die Wahl des richtigen Produkts über die reine Indexauswahl hinausgeht. Ein tieferes Verständnis der Replikationsmethoden kann einen entscheidenden Beitrag zur langfristigen Vermögensbildung leisten.
Wenn Sie tiefer in die technischen Details von ETF-Strukturen eintauchen und erfahren möchten, wie die strukturelle Outperformance im Detail berechnet wird, hören Sie sich die vollständige Diskussion in der aktuellen Folge von Asset Class an.
Ob auf YouTube, Spotify oder bei Apple: die ganze Folge (und mehr) ist On-Demand zum Anhören und Ansehen verfügbar. Jetzt reinhören!
Hinweis: Scalable Capital Bank GmbH erbringt keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Sollte dieser Podcast Informationen über den Kapitalmarkt, Finanzinstrumente und/oder sonstige für die Vermögensanlage relevante Themen enthalten, so dienen diese Informationen ausschließlich der Erläuterung der erbrachten Dienstleistungen. Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden. Bitte beachten Sie hierzu die Hinweise auf unserer Internetseite.