Fünf Ausblicke aufs Finanz-Jahr 2023

27. Dezember 2022  |  Nicolas Zeitler
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Was erwartet uns in den kommenden zwölf Monaten an den Märkten und wie können sich Anlegerinnen und Anleger aufstellen? Expertinnen und Experten von BlackRock, DWS, Invesco und Scalable Capital teilen ihre Einschätzungen.

Franziska Grotz
ist als Vice President Wealth und Sustainability Officer für das nachhaltige Angebot in der digitalen ETF-Vermögensverwaltung von Scalable Capital verantwortlich.

„Zeit im Markt ist relevant, nicht das Timing“

2023 ist ein guter Zeitpunkt um zu investieren, denn für die Mehrheit der Anlegenden ist die Zeit im Markt relevant, nicht das Timing des Marktes. Anlegende sollten sich beim Vermögensaufbau vor allem darauf konzentrieren, überhaupt regelmäßig anzulegen – unabhängig von erschreckenden Marktphasen. Anlegende, die versuchen, immer wieder die perfekten Zeitpunkte für den Ein- und Ausstieg in und aus dem Markt zu finden, liegen selten richtig. Vielleicht bereuen Anlegende den Einstieg in den Markt Ende 2023. Aber über mehrere Jahre hinweg ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem global diversifizierten Portfolio erfolgreich zu sein, hoch. Gerade die Altersvorsorge ist ein sehr langfristiges Investment, bei dem in der Regel genügend Zeit bleibt, Kurseinbrüche wieder auszugleichen.

Florian Foerster
ist Director ETF Sales bei Invesco. Die Investmentgesellschaft gehört mit rund 450 Milliarden US-Dollar verwaltetem ETF-Vermögen zu den fünf größten Anbietern börsengehandelter Indexfonds weltweit.

„Grüne ETF-Investments liegen im Trend“

Nach einem turbulenten Anlagejahr rechnen unsere Investment-Experten bei Invesco mit einer Erholung in der ersten Jahreshälfte 2023 und dass die Wirtschaft im nächsten Jahr wieder an Fahrt gewinnt. Sie gehen davon aus, dass die Inflation in der ersten Jahreshälfte 2023 nachlässt und die Zentralbanken eine Zinspause einlegen werden. Ein ETF-Sparplan könnte sich daher gerade in volatilen Zeiten bewähren. Insgesamt bieten sich unserer Meinung nach für ETF-Sparpläne breit gestreute Indizes wie der MSCI World an. Im Bereich der Schwellenländer hat gerade China infolge einer Wiedereröffnung nach den strikten Null-COVID-Maßnahmen unseren Experten zufolge gute Aussichten für das zweite Halbjahr 2023. Dementsprechend halten wir auch die Schwellenländer und China als Investment für interessant. Außerdem liegen grüne Investments nach wie vor im Trend, wie zum Beispiel ETFs zu Solarenergie, Windenergie oder Wasserstoff.

Prof. Dr. Stefan Mittnik ist Mitgründer und wissenschaftlicher Beirat von Scalable Capital. Von 2003 bis 2020 lehrte er Finanzökonometrie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

„Auch 2023 gibt es an dieser einen Börsenweisheit wenig zu rütteln“

An Börsenweisheiten mangelt es nicht. Sie kommen meist aus dem englischen Sprachraum, klingen plausibel, doch ihre praktische Umsetzung gibt Rätsel auf. Beispiel: „Buy on bad news, sell on good news“. Selbst Analysten sind sich oft nicht einig, ob neue Informationen positiv oder negativ für eine Aktie sind. Besonders inhaltsleer: „Buy low, sell high“. Der Rat, „sell in May and go away, but remember to come back in September“, ist hingegen sehr konkret. Er entstand im 18. Jahrhundert und mag da Sinn gemacht haben, da der Nachrichtenfluss in den Sommerressorts der britischen Aristokratie allzu spärlich war. Heutzutage, so zeigen Untersuchungen, ist dies keine verlässliche Anlagestrategie. Andere Weisheiten sind gar widersprüchlich, wie „never catch a falling knife“ und „buy the dip“. Hilfreiche Ein- und Ausstiegssignale klingen anders. Und dann gibt es noch „the trend is your friend“. Da mag etwas Wahres dran sein, kann aber auch gekontert werden mit „trends are your friend, until they bend“. Von einer Weisheit bin ich allerdings überzeugt: „Don’t put all eggs in one basket“, denn an der Feststellung „diversification is the only free lunch“ wird es auch im kommenden Jahr wenig zu rütteln geben.

Ann-Katrin Petersen, CFA, arbeitet seit dem Frühjahr 2022 als Senior Investment Strategist beim BlackRock Investment Institute in Frankfurt am Main. Die Diplom-Volkswirtin war vorher für Allianz Global Investors tätig.

„Das neue Investmentregime erfordert auch einen veränderten Blick auf Anleihen“

Drei Anlagethemen sind aus unserer Sicht im kommenden Jahr zentral:

1. Den Schaden einpreisen
Eine Rezession ist unseres Erachtens vorprogrammiert. Anders als von vielen erwartet, dürften die Zentralbanken nicht zu Hilfe eilen, sobald die Konjunktur schwächelt. 2023 sollte sich als das Jahr der zinspolitischen Verschnaufpause entpuppen, nicht jedoch der Leitzinssenkungen. Unseres Erachtens bilden insbesondere die Aktienkurse in den USA und Europa die bevorstehende Rezession noch nicht hinreichend ab.

2. Anleihen überdenken
Das neue Investmentregime erfordert auch einen veränderten Blick auf Anleihen. Der Zins ist zurück. Dabei brauchen sich Anleger im Risikospektrum nicht allzu weit in den oberen Bereich zu bewegen, um die inzwischen attraktiveren Renditen zu vereinnahmen. Dagegen glauben wir, dass eine anhaltend hohe, volatile Inflation länger laufende Staatsanleihen davon abhalten wird, ihre traditionelle Rolle als Portfoliogegengewicht zu spielen, neben der Aussicht auf eine weniger üppige Zentralbankliquidität bei hohen Staatsschuldenbergen. Wir bevorzugen daher kurzlaufende Staatsanleihen und Unternehmensanleihen hoher Bonität („Investment Grade“).

3. Leben mit der Inflation
Auch wenn im kommenden Jahr die Inflation sinkt, etwa bedingt durch energiepreisgetriebene Basiseffekte, dürften langfristige Umwälzungen wie die Alterung der Gesellschaft, die grüne Transformation und eine Neusortierung globaler Handelsströme dafür sorgen, dass die Inflation dauerhaft über dem Ausgangsniveau der Pandemie verharrt.

CIO View 2023: Einschätzung der DWS-Kapitalmarktexpert:innen DWS ist einer der weltweit führenden Vermögensverwalter. Unter der Marke Xtrackers bietet die DWS rund 170 ETFs auf unterschiedliche Anlageklassen an. Mehr als 120 Milliarden US-Dollar verwaltetes Vermögen stecken in Xtrackers-ETFs.

„Vorsicht ist bei US-Technologieaktien geboten“

Die nächsten fünf Jahre werden anders sein als die vergangenen fünf Jahre – große Veränderungen stehen an. Weltweite Konflikte und Spannungen zwischen den Supermächten sowie die Energiekrise verunsichern die Märkte.

2022 konnte die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten gemessen werden. Ein Rückgang der Inflation wird für das nächste Jahr erwartet aufgrund der aktiven Notenbankzinspolitik. Wichtig zu beachten ist: Es wird sich lediglich um einen Rückgang der Inflation handeln, aber es wird weiterhin Inflation und dementsprechend einen Kaufkraftverlust geben.

Was Aktien von Firmen aus Europa und den USA angeht: In Europa ist das Gewicht von Substanzwerten, also von Aktien mit einem günstigen Kurs-Gewinn-Verhältnis, höher und eine milde Rezession ist bereits eingepreist. Vorsicht ist bei US-Technologieaktien geboten, da diese erstmals wieder Umsatzrückgänge verzeichnen könnten. Beim Blick auf Schwellenländer zeigt sich: China als wichtiger Handelspartner bietet Chancen, jedoch auch geopolitisch bedingte Risiken. Generell sehen wir in Schwellenländern attraktive Bewertungen durch faire Aktienpreise und eine unterdurchschnittliche Positionierung von Investoren. In Indien sehen wir strukturelle Wachstumschancen.

Hinweis: Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, welche sich als falsch herausstellen können.

Risikohinweis – Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen. Wir erbringen keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Sollte diese Website Informationen über den Kapitalmarkt, Finanzinstrumente und/oder sonstige für die Kapitalanlage relevante Themen enthalten, so dienen diese Informationen ausschließlich der allgemeinen Erläuterung der von Unternehmen unserer Unternehmensgruppe erbrachten Wertpapierdienstleistungen. Bitte lesen Sie auch unsere Risikohinweise und Nutzungsbedingungen.

 

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Circ Team photo Nicolas
Nicolas Zeitler
Team Lead Editorial (Ehemals)
Nicolas hat sich als Redakteur auf die Themen Finanzen und Digitales spezialisiert. Bevor er 2019 zu Scalable Capital kam, leitete er die Finanzredaktion beim Vergleichsportal Check24. Erste journalistische Sporen verdiente er sich beim Münchner Merkur. Anschließend arbeitete er für das IT-Wirtschaftsmagazin CIO und die Agenturen Grasundsterne und Fischerappelt. Nicolas hat Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert.