Seit vergangenen Freitag verunsichert die Insolvenz eines US-amerikanischen Geldhauses weltweit einige Marktteilnehmende. Die Situation weckt auf den ersten Blick zweifelsohne Erinnerungen an den Beginn der Weltfinanzkrise 2007/08, als die US-Bank Lehman Brothers Pleite ging. Eine neue Finanzkrise droht uns wahrscheinlich nicht, doch hat die Insolvenz womöglich Konsequenzen für die künftige Zinspolitik der Notenbanken.
Der Zusammenbruch der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) am letzten Freitag führte unter anderem zu Wertverlusten an den Märkten. Insbesondere die Kurse von Bankaktien fielen – auch in Europa. Mit der Signature Bank und Silvergate Bank sind zwei weitere US-Geldinstitute abgewickelt worden. US-Präsident Joe Biden trat am Montag auf, um die wachsenden Sorgen der Kundinnen und Kunden sowie der Marktteilnehmenden zu mindern. „Die Amerikaner können beruhigt sein, das Bankensystem ist sicher. Ihre Einlagen sind sicher.“ Das Bank Term Funding Program (BTFP) in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar soll zudem US-amerikanischen Geldhäusern helfen, die nach der SVB-Pleite von Instabilitäten betroffen werden könnten.
Die Silicon Valley Bank, die auf die Finanzierung von Start-ups spezialisiert ist, hatte in der Vergangenheit hohe Summen in langlaufende US-Staatsanleihen angelegt. Deren Kurse sind durch die letzten Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gesunken. Die SVB musste wegen Liquiditätsengpässen Anleihen mit erheblichen Kursverlusten verkaufen, da insbesondere Tech-Unternehmen in den letzten Monaten massiv Geld abzogen. Hohe Zinsen bereiten wegen Investitionen in langlaufende Staatsanleihen auch anderen kleineren Geldhäusern in den USA teilweise Schwierigkeiten.
Für die Fed wird es schwieriger, den richtigen geldpolitischen Kurs zu wählen, um gegen die hohe Inflation im Land vorzugehen. Für die nächste Sitzung am 21. und 22. März rechnet die US-Bank Goldman Sachs aufgrund der Lage nicht mehr mit einer Leitzinsanhebung. Der Wettbewerber JP Morgan erwartet nur einen kleinen Zinsschritt von einem Viertelprozentpunkt. Vor der SVB-Pleite gingen Marktteilnehmende noch von einem Zinsschritt von bis zu einem halben Prozentpunkt aus. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet ebenfalls mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die an diesem Donnerstag tagt. Dort dürfte zumindest die Opposition gegen weitere Zinserhöhungen größer geworden sein. Der Markt erwartet dennoch die angekündigte Erhöhung um einen halben Prozentpunkt. Geringere oder ein Verzicht auf weitere Zinserhöhungen können sich positiv auf die Aktienmärkte auswirken.
Dr. Martin Lück, Leiter der Kapitalmarktstrategie bei BlackRock, hält die Ansteckungsgefahr auf europäische Geldinstitute für begrenzt, allerdings sei der Bankensektor stark von Vertrauen abhängig. Die Kursrückgänge bei europäischen Bankaktien infolge der SVB-Krise verdeutlichten diese Gefahr. Trotz der jüngsten Kursschwankungen gehen Expertinnen und Experten sowie die europäischen Geldhäuser selbst nicht davon aus, dass die Pleite der SVB zu großen Verwerfungen am deutschen Bankenmarkt führt. Übrigens: Big-Short-Investor Michael Burry, der einst die Weltfinanzkrise voraussah, sieht den SVB-Kollaps nicht als echte Gefahr. Dies schrieb der Chef von Scion Asset Management am Montagabend auf Twitter.
Generell war eine erhöhte Volatilität an den Märkten zu beobachten. Diese könnte noch einige Zeit anhalten. Der Anleihemarkt reagierte auf die wechselnden Erwartungen bei der zukünftigen Geldpolitik der Fed. Die Renditen für US-Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit haben jüngst stark nachgegeben, da sie besonders sensitiv auf veränderte Zinserwartungen reagieren. In unsicheren Marktphasen sind zudem Anlagen wie US-Staatsanleihen besonders gefragt, weil sie als ausfallsicher gelten. Eine erhöhte Nachfrage treibt die Anleihekurse, was im Gegenzug zu sinkenden Renditen führt.
Einen gewissen Schutz gegenüber starken Kursschwankungen bietet Anlegenden die breite Streuung über verschiedene Vermögensklassen wie Anleihen, Aktien, Gold oder Rohstoffe. Auf der Aktienseite kann ein breit gestreutes Portfolio davor schützen, Risiken einzelner Unternehmen oder Branchen nicht zu sehr durchschlagen zu lassen.
Wer langfristig orientiert investiert ist, für die oder den besteht derzeit kein dringender Handlungsbedarf. Gewisse Wertschwankungen gehören zu einer Anlage an den Kapitalmärkten – im Gegenzug sind als sogenannte Risikoprämie langfristig höhere Renditen zu erwarten als mit risikoarmen Anlageformen.
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