„Die Maschine ist der bessere Anleger”

9. November 2017  |  Tobias Aigner
Die Maschine ist der bessere Anleger
Seit Anfang 2016 ist Scalable Capital am Start. Jetzt verwaltet das Unternehmen ein Vermögen von 500 Millionen Euro.
Firmengründer Erik Podzuweit erklärt im Interview, wie es dazu kam, ob er mit der erzielten Rendite zufrieden ist und warum der Computer besser investiert als der Mensch.
Erik Podzuweit (2)

Erik, Scalable Capital startete seinen Service vor weniger als zwei Jahren. Gerade hat das Unternehmen beim verwalteten Vermögen die Marke von 500 Millionen Euro geknackt. Hast du gedacht, dass es so schnell geht?

Erik Podzuweit: In unserem Businessplan steht das so. Aber wenn es dann wirklich passiert, ist man trotzdem etwas überrascht. Letztlich sind die 500 Millionen Euro aber nur eine Zahl. Anders als die Menschen, die dahinter stehen. Wir haben heute täglich mehr als 200 Kundenkontakte per Telefon und E-Mail. Anfang 2016 waren es nur fünf oder sechs. Da spürst du hautnah, wie stark das Interesse gestiegen ist.

Wie erklärst du dir den Erfolg?

Die Zeit war reif für einen Service wie unseren – weil er einfach Sinn macht. Wir setzen nur auf kostengünstige ETFs. Wir haben ein wissenschaftlich fundiertes Anlagemodell und nutzen die Möglichkeiten der Technologie, um es umzusetzen. Dieser Mix ermöglicht es, einen Vermögensverwaltungsservice in einer Qualität und zu Kosten anzubieten, wie es bislang nicht möglich war.

Wir achten genau darauf, dass wir die besten ETFs auswählen – unabhängig vom Anbieter. Verbergen können wir dabei ohnehin nichts, weil jeder sieht, welche ETFs wir in unser Anlageuniversum aufnehmen.

Wie sieht der typische Scalable-Capital-Kunde aus?

Er ist im Schnitt Mitte 30 bis Mitte 50, hat ein gutes Einkommen und ist oft Wirtschafts- oder Naturwissenschaftler, Informatiker oder Ingenieur. Und er hat weder Lust, sich von seinem Banker irgendein Produkt aufschwatzen zu lassen, noch will er sein Geld selbst verwalten. Interessant ist übrigens auch: Auf unsere Internetseite surfen vor allem die 25- bis 35-Jährigen. In dieser Altersgruppe ist das Interesse sehr groß, aber es fehlt oft noch das Geld.

Was war für Dich persönlich das Highlight in der jungen Unternehmensgeschichte von Scalable Capital?

Unvergesslich war der Anfang. Als uns wildfremde Menschen plötzlich 100.000 oder 200.000 Euro anvertraut haben, obwohl uns noch keiner kannte. Einer hat sogar in der Silvesternacht 2015 sein Depot eröffnet. Als ich das gesehen habe, wusste ich: Das wird was.

Ein Highlight war sicher auch, dass der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock im Juni 2017 als Anteilseigner bei Scalable Capital eingestiegen ist.

Das stimmt. Es gibt kaum eine Firma, die in den letzten 30 Jahren in der Vermögensverwaltung so erfolgreich war. Dass wir sie überzeugt haben, war eine große Bestätigung unserer Arbeit. Dabei haben wir den Gründer und CEO Larry Fink persönlich getroffen – ein sehr interessanter Typ mit großem Interesse für Technologie und deren Einsatz in der Vermögensverwaltung.

*Müssen Anleger jetzt befürchten, dass ETFs der BlackRock-Tochter iShares in den Kundenportfolios bevorzugt werden? *

Nein. Wir achten genau darauf, dass wir die besten ETFs auswählen – unabhängig vom Anbieter. Verbergen können wir dabei ohnehin nichts, weil jeder sieht, welche ETFs wir in unser Anlageuniversum aufnehmen. Hinzu kommt noch, dass BlackRock gar keine Sonderbehandlung will. Das Management weiß ja, dass viele Kunden gerade deshalb zu uns wechseln, weil wir im Gegensatz zur Anlageberatung in der Bank unabhängig sind.

Der Mensch ist einfach kein guter Anleger. Er unterliegt starken emotionalen Einflüssen, egal ob Privatinvestor oder Profi, und macht sich dadurch seine Rendite kaputt.

Scalable Capital setzt ausschließlich auf ETFs. Die kann man jedoch auch selbst handeln. Warum soll man sein Depot von Scalable Capital verwalten lassen?

Weil es bequemer ist und zu besseren Ergebnissen führt. Das fängt schon bei der Auswahl der ETFs an. Da kann man viel falsch machen. Es gibt fast 2.000 verschiedene ETFs. Da kommt es durchaus vor, dass zwei, die auf den gleichen Aktienindex lauten, in der Performance deutlich voneinander abweichen. Über einen Anlagezeitraum von 20 bis 30 Jahren kann das ein Vermögen ausmachen. Deshalb gilt es, alle ETFs genau abzuklopfen – auf Kosten, Liquidität, steuerliche Behandlung, Tracking-Error und Replikationsmethode. Und wenn die ETFs ausgesucht sind, dann geht es erst richtig los. Dann verwalten wir jedes Depot individuell mit unserem dynamischen Risikomanagement.

Automatisierte Geldanlage ist überlegen, weil sie Emotionen ausschaltet. Und besser als die Anlageberatung in der Bank ist sie allemal. Schon wegen der Kosten.

Das läuft alles voll automatisch ab, auf Basis eines Algorithmus. Was macht dich so sicher, dass der Computer bessere Anlageentscheidungen trifft als der Mensch?

Der Mensch ist einfach kein guter Anleger. Er unterliegt starken emotionalen Einflüssen, egal ob Privatinvestor oder Profi, und macht sich dadurch seine Rendite kaputt. Studien haben das immer wieder gezeigt. Die Maschine kann es besser. Allerdings halten sich die meisten Investoren für gut. Es ist wie im Straßenverkehr: Da denken auch 70 Prozent der Autofahrer, dass sie überdurchschnittlich gut fahren, was rein rechnerisch nicht stimmen kann. Automatisierte Geldanlage ist überlegen, weil sie Emotionen ausschaltet. Und besser als die Anlageberatung in der Bank ist sie allemal. Schon wegen der Kosten. Die liegen bei uns zum Beispiel im Schnitt um 50 bis 80 Prozent tiefer.

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Wer aus den Daten der Vergangenheit die Kurse der Zukunft prognostiziert, wird scheitern – egal wie viel Aufwand er betreibt. Das ist wissenschaftlich bewiesen.

Das Risikomanagement von Scalable Capital wird mit historischen Börsendaten gefüttert. Kann man aus der Vergangenheit wirklich gute Entscheidungen für die Zukunft ableiten?

Ja, wenn man weiß, was man tut. Wer aus den Daten der Vergangenheit die Kurse der Zukunft prognostiziert, wird scheitern – egal wie viel Aufwand er betreibt. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Anders verhält es sich, wenn man historische Risiken analysiert, vor allem kurzfristige im Verhältnis zu langfristigen, und daraus Risikoprognosen herleitet. Die sind zwar nicht perfekt, haben aber eine bestimmte Trefferwahrscheinlichkeit. Warum ist das so? Weil das Risiko im Gegensatz zur Rendite ein Gedächtnis hat. Wenn der DAX heute zwei Prozent Rendite macht, dann sagt das gar nichts über seine Rendite von morgen aus. Wenn er heute aber sehr risikoreich ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er auch morgen risikoreich ist. Man kann dieses Phänomen nutzen, um das Risiko im Portfolio zu steuern. Das machen wir. Und das führt langfristig zu besseren risikoadjustierten Renditen.

Seit Anfang 2016 hat der MSCI World in Euro gerechnet 18 Prozent zugelegt. Depots von Scalable Capital mit höheren Aktienanteilen schafften nach Kosten rund 13 Prozent. Bist du damit zufrieden?

Ja. Die Rendite ist gut. Und sie ist nur ein Teil der Geschichte. Der andere handelt vom Risiko. Es gab in den vergangenen zwei Jahren zwar keine riesigen Krisen, aber einige kräftigere Erschütterungen an den Börsen. Die europäischen Aktienmärkte legten Anfang 2016 den schlechtesten Start ihrer Geschichte hin und brachen um bis zu 20 Prozent ein. Mitte Juni folgte das Brexit-Votum, und die Kurse gingen noch mal um bis zu zehn Prozent in die Knie, an nur einem Tag. In diesen beiden Stresssituationen hat unser Risikomanagement hervorragend gegriffen und die Verluste abgefedert. Am Brexit-Tag gab es nicht mal nennenswerte Verluste. Risikoadjustiert sind wir somit sehr zufrieden mit der Leistung.

Man muss beides im Auge haben: Rendite und Risiko. Sonst lebt das Depot sehr gefährlich. Alle wichtigen Größen in der Finanzindustrie wissen das.

Du machst den Erfolg also nicht nur an der Rendite fest.

Richtig. Man muss beides im Auge haben: Rendite und Risiko. Sonst lebt das Depot sehr gefährlich. Alle wichtigen Größen in der Finanzindustrie wissen das. Als ich noch bei Goldman Sachs gearbeitet habe, haben wir immer auf risikoadjustierte Renditen geachtet. Nur so bekommst du als Investor das volle Bild.

Das Risikomanagement ist darauf ausgerichtet, Kursstürze langfristig abzufedern. Heißt das auch: Wenn die Kurse steigen, dann legen die Portfolios nicht so stark zu wie die Aktienmärkte?

Das kann sein, vor allem wenn der Aufschwung sehr schnell kommt. Dann ist der Anleger womöglich nicht sofort voll dabei. Das war zum Beispiel beim Kursanstieg nach der Trump-Wahl vor einem Jahr so. Denn das Risikomanagement glättet die Wertentwicklung der Märkte langfristig. Trotzdem sollten wir den MSCI World mit unseren höheren Risikokategorien nach Kosten langfristig schlagen.

Lass uns zum Schluss einen Blick voraus werfen: Wo siehst du Scalable Capital in fünf Jahren?

Unter den großen Vermögensverwaltern in Europa. Ich gehe davon aus, dass wir in mindestens fünf weiteren Ländern aktiv sind.

Und wie sieht der Markt für digitale Vermögensverwalter dann aus? In Deutschland gibt es jetzt schon um die 15 Robo-Advisor.

Die automatisierte Geldanlage wird Standard sein. Alle großen Banken, Online-Broker und Vermögensverwalter werden diesen Service im Angebot haben. Es wird aber auch eine Bereinigung unter den Start-ups in diesem Bereich geben. Da bleiben in einem Land wie Deutschland maximal eine Handvoll Firmen übrig.

Risikohinweis – Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen. Wir erbringen keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Sollte diese Website Informationen über den Kapitalmarkt, Finanzinstrumente und/oder sonstige für die Kapitalanlage relevante Themen enthalten, so dienen diese Informationen ausschließlich der allgemeinen Erläuterung der von Unternehmen unserer Unternehmensgruppe erbrachten Wertpapierdienstleistungen. Bitte lesen Sie auch unsere Risikohinweise und Nutzungsbedingungen.

 

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Tobias Aigner
Tobias Aigner
EDITOR IN CHIEF (Ehemals)
Tobias ist Finanz- und Wirtschaftsjournalist mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung. Zuletzt arbeitete er als leitender Redakteur für das Wirtschaftsmagazin €uro. Zuvor war er für Capital, Börse Online, die Financial Times Deutschland und die Süddeutsche Zeitung tätig. In seinen Kommentaren, Analysen und Features setzte er sich vor allem mit den Themen Börse, Risikomanagement und regelbasierte Anlagemodelle auseinander. Tobias hat Physik an der TU München studiert.